Wendy Malzer (10)

Sternentod

Frieda ist leidenschaftliche Sängerin. Ihre fünfköpfige Band Frela waren eigentlich nur Straßenmusikanten, aber irgendetwas hatten sie anderen Straßenmusikern voraus. Frieda wusste, dass sie einmal groß rauskommen.

»Schaut mal her!«, Rebecca kam mit einer Zeitung in der einen Hand und der Gitarre in der anderen Hand hergelaufen, wobei sie fast eine alte Dame und einen Jungen umgerannt hätte.

»Beruhige dich!«, meinte Laura, die gerade ihr Keyboard aufbaute. »Außerdem, was ist denn überhaupt los?«

»Schau selber!«

Rebecca warf Laura die Zeitung vor die Füße, die aber kickte sie zu Annabell und sagte mit strenger Stimme: »Lies vor!«

Annabell war das jüngste Mitglied der Band. Sie war auch erst seit zwei Monaten dabei. Laura war Annabells Schwester und konnte noch immer nicht verkraften, dass Frieda Annabell aufgenommen hatte.

»Jetzt sei ein bisschen netter zu deiner Schwester!« Emilias Stimme klang gedämpft, da sie gerade die Bassdrum reparierte.

Ihr Vater war Elektriker und hatte ihr sehr viel beigebracht.

»Trimpel-Trampel Musikwettbewerb!«, las Annabell laut vor.

»Wer ist Trimpel-Trampel?«, fragte Laura.

»Der berühmteste Musikproduzent in unsrer Stadt! Kennst du ihn nicht? Karl Trimpel-Trampel.« Rebecca verdrehte die Augen. »Wer kennt nicht Trimpel-Trampel?«

»ICH! Aber das ist jetzt völlig egal! He, Annabell! Auf was wartest du noch!?! Lies weiter.«

»Karl Trimpel-Trampel sucht die beste Schülerband von Lakritzstanglender. Wann: am 2. 2. 08 ab drei Uhr. Wo: Karlsplatz Lakritzstanglender. Gesucht werden Kinder zwischen zehn und 15. Der Gewinn: Eine eigene CD aufnehmen und ein Meet and Greet zur Tour von Leuchtstern.«

In dem Moment kam Frieda mit ihrem Fahrrad.

»Schau mal.« Emilia warf Frieda die Zeitung zu, die sie geschickt auffing.

Leise las Frieda sich den Artikel durch. Sie grinste über beide Ohren. »Da machen wir mit!«, sagte sie begeistert.

Verdutzt schaute eine alte Dame herüber.

»Wir brauchen einen neuen Song! In vier Tagen ist der Wettbewerb!«

Sie schulterte ihren Rucksack ab und nahm Notenblätter raus. Dann setzte sie sich auf einen Stein und schrieb einen neuen Song. Verdattert schauten die andern vier Frieda an.

»Und was machen wir, Frau Madame?«, fragte Laura frech.

»Proben!« Grinsend wendete Frieda sich wieder ihrer Arbeit zu.

Annabell nahm ihre Gitarre aus dem Koffer und stellte sich neben den roten großen Stein. Rebecca stellte sich gegenüber auf und ging noch mal ihre Noten durch. Laura setzte sich auf ihren Hocker hinter ihr Keyboard, und Emilia nahm Platz am Schlagzeug. Auf »Drei!« spielten sie dann »Willkommen bei mir« durch. Es folgten noch fünf weitere Lieder, als Frieda sie unterbrach. Sie teilte Notenblätter aus und stellte sich zum Mikrofon. Dann spielten sie den Song ein paar Mal durch.

»Klappt ganz gut! Morgen müssen wir noch ein paar Mal üben, und der Sieg ist unsrer.«


Am zweiten Februar um halb vier machten die fünf sich auf den Weg zum Karlsplatz. Dort herrschte viel Aufruhr und Hysterie. Durch einen Lautsprecher kam eine seltsame Männerstimme. »Nummer 3465, Krigour bitte!« Vor den fünf schrien drei Punks auf, packten ihre sieben Sachen und liefen in das Tonstudio.

Frieda ging zu einem kleinen Anmeldungshäuschen und füllte ein Formular aus. Strahlend lief sie zu den anderen vier. » Wir sind Nummer 3470, also in fünf Liedern dran!«

Die Mädchen warteten etwa eine Viertelstunde, dann wurden sie aufgerufen: »Nummer 3470, Frela bitte!«

Rasch lief die Band zum Tonstudio.

Dort erwartete sie ein Mann. »Songname!«

»Meine Freundschaft mit dir!«

Der Mann tippte etwas in den Computer und deutete den Mädchen die Türe.

Sie gingen rein und stellten ihre Sachen auf. Dann begannen sie mit dem Song:


»Meine Freundschaft mit dir
Ist viel wichtiger als das Leben!
Doch wärst du heute nicht hier
Wird’s mich auch bald nicht mehr geben!
Meine Freundschaft mit dir
Ist viel wichtiger als Geld!
Würde mir etwas passieren
Hätte ich dich viel lieber als einen Superheld!«


Klatschend kam Herr Trimpel-Trampel rein. »Ihr werdet von uns hören, ihr werdet von uns hören!«

Nach zwei Tagen kam ein Brief im Proberaum an.

Frieda las laut vor: »Liebe Teilnehmer! Es gab 4000 Teilnehmer, zwischen denen wir uns entscheiden mussten. Die Entscheidung war sehr schwer! Der Sieger: FRELA!«

»JJUUHHUU! Wir haben gewonnen!«

Noch am selben Tag waren sie im Tonstudio und nahmen eine CD auf. Ein Happyend, das gar kein Ende war, denn die Geschichte begann erst jetzt!


Nach drei Monaten fuhren sie zur Markusbühne, wo die Leuchtsterne spielen sollten. Sie durften tatsächlich in den Backstagebereich und Fotos mit Oliver, Markus, Jakob und Linus machen – halt mit den Leuchtsternen.

Dann war es schon sieben Uhr. »Jetzt beginnt das Konzert!«, riefen die Frelas. Aufgeregt liefen die fünf auf ihre Plätze.

Doch das Konzert begann nicht. Nach zehn Minuten kamen Jakob, Markus und Linus heraus und begannen leise zu sprechen: »Leider ist Oliver spurlos verschwunden. Wir müssen das Konzert abbrechen.«

Ein lautes Seufzen ging durch das Publikum.

Leise schlichen sie sich raus, um nach Oliver zu sehen. Doch er war nirgends. Dann hörten sie ein lautes »HILFE!« Sie schlichen der Stimme nach und sahen etwas, was ihnen sicher ihr ganzes Leben in Erinnerung bleiben wird.

»Da… das ist Oliver!«, stotterte Laura.

»Es war Oliver!« Denn am Boden lag Oliver mit offen Augen, sich nicht rührend. »Er ist tot«, stellte Frieda fest, nachdem sie das Herz abgehört hatte. »Glaub ich zumindest! Er atmet nicht mehr!«

Rebecca brach in Tränen aus. Sie war der größte Fan von den Leuchtsternen gewesen. »Er braucht Hilfe!«

Rebecca, Annabell und Laura liefen zurück zur Bühne. Frieda und Emilia hörten nochmal das Herz ab. Doch sein Herz stand still. Dann drehten sie ihn auf den Bauch.

»Da! Emilia! Da hat ihm wer ein paar Stiche mit dem Messer versetzt!«, rief Frieda aufgeregt.

Schnell kam Emilia näher, und auch in diesem Augenblick kamen Rebecca, Annabell und Laura zurück mit fünf Rettungsmännern und dem Manager der Band.

»Schnell!«, rief ein Rettungsmann. Sie hoben Oliver auf die Trage. Er war tot. Ein eiskalter Mord.

»Wer könnte ihm das antun?«, meinte Rebecca schluchzend.

»Nichts anfassen!«

Erschreckt schauten die Mädchen zurück.

Da kamen vier Polizeimänner angelaufen. Und bevor die Mädchen »Hallo« sagen konnten, hatten die schon ein rot, orange und gelb gestreiftes Band um den Tatort gewickelt.


Am nächsten Tag stand der Mord auf dem Titelblatt der Tageszeitung. Und die fünf Bandmitglieder auch!

Rebecca stellte sich schon wieder die Frage, wer ihm das antun könnte.

»He! Rebecca! Es interessiert uns alle, wer der Mörder ist, und das werden wir auch bald rausfinden!«, sagte Frieda tröstend.

»Au ja! Wir spielen Detektive!«, sang Annabell.

»Halt die Pappen!«, schnauzte Laura sie an.

Frieda: »Eigentlich hätte ich nicht an uns gedacht, aber es ist keine schlechte Idee.«


Am nächsten Morgen trafen die Mädchen sich am Karlsplatz. Jeder hatte eine Tasche, in der Lupe, Stempelkissen, Abdruckpulver, Taschenmesser, Taschenlampe, Taschentücher, kleine Säckchen und ein Notizbuch mit Stift waren. In Friedas Tasche war auch noch eine kleine Mappe, in der sie alle Beweise eingeben würde, und eine Kamera.

»Na dann! LOS!«

Doch trotz Friedas Anfangsschrei blieben alle ratlos stehen.

»Okay! Mit was sollen wir anfangen?«, fragte Laura ratlos.

»Ich würde mal sagen, zum Tatort«, meinte Annabell.

Sie fuhren mit dem Bus zur Markusbühne und gingen zum Tatort. Dort standen zwei Polizeiwagen und sieben Polizisten. Die Mädchen gingen zum Hauptkommissar.

»Wieso sind hier so viele Polizisten?«, fragte Annabell neugierig.

»Deshalb!«, sagte der Kommissar. Er drückte Frieda eine Hülle mit einem A5-Blatt in die Hand.

Frieda las vor: »Wenn Sie nicht bald das Lösegeld von 1.000.000 $ bezahlen, wird das, was mit Oliver passiert ist, auch mit den anderen Sternen passieren. Falls Sie es sich überlegen wollen, bleibt nicht viel Zeit! Am 23.5. verlange ich das Geld unter der Jellajabrücke um 6:45. Ich hoffe, wir werden uns sehen! Ihr ???-Sternenhasser!!!«

»Das ist ja ein Erpresserbrief!«, sagte Annabell ängstlich.

Frieda nahm ihre Kamera aus ihrer Tasche und knipste ein paar Fotos von dem Brief.

Irgendetwas fiel ihr an dem Brief auf, doch sie wusste nicht, was.


Am nächsten Tag war wieder Schule. Die Kinder bekamen heute ihre Tests zurück. Frieda schlug ihr Heft auf.

Gut! Jacobbs.

Frieda freute sich natürlich, aber als sie die Schrift sah, erschrak sie. Mrs. Jacobbs musste der Mörder sein. Aber Frieda konnte das nicht glauben. Sie schickte Laura, Rebecca und Emilia eine Nachricht:

Mrs. Jacobbs muss der Mörder sein! Erkennt ihr ihre Handschrift? Genauso wie die vom Erpresserbrief!

Da Emilia bald eine Brille brauchte, konnte sie die Nachricht nicht entziffern, aber sie staunte trotzdem über die schöne Schrift von Frieda. Ihre Nachbarin Laura flüsterte ihr die Nachricht ins Ohr: »Mrs. Jacobbs ist der Mörder! Die Handschrift ist gleich.«

Emilia kapierte. Und sogleich bekam Frieda eine Nachricht, die sicherlich von Rebeccas krakeliger Schrift kam, zurück:

Das glaube ich nicht! Mrs. Jacobbs ist doch sooo nett!!!

Frieda zuckte mit den Schultern.

In der Pause trafen sich die Mädchen auf der Toilette.

»Aber uns fehlen noch Beweise!«, beschützte Rebecca Mrs. Jacobbs.

»Die haben wir bereits! Mit ihrer Handschrift stellen wir sie zur Rede!«, sagte Frieda, sich sicher. Mit wackelndem Hintern lief sie dann zurück in die Klasse.

Am Nachmittag machten sie sich einen Plan aus.

»Also du, Annabell, tust so, als würdest du dich nicht auskennen. Wir sperren uns dann im Raum ein.«

Und der Plan geschah auch so, wie er abgemacht war.

Annabell zeigte in der Lernstunde eifrig auf. Frela und Mrs. Jacobbs waren die Einzigen im Raum. Als Mrs. Jacobbs zu Annabell kam, lief Rebecca zur Tür und drehte den Schlüssel um.

»Was machst du da, Rebecca?«, fragte Mrs. Jacobbs hektisch.

Diesmal kam Frieda zu Wort: »Wir wissen alles über Sie, Misses!« Sie holte das bereits ausgedruckte Foto von dem Brief aus ihrer Tasche. Sie knallte es vor Mrs. Jacobbs auf den Tisch.

»Äh … also … Was soll ich damit?«, sagte sie stotternd.

Dann schlug Rebecca ihr Musikheft auf. »Genau dieselbe Handschrift! Sie sind der Mörder von Oliver, der Erpresserbrief ist von Ihnen.«

»Ihr seid schlau, Kids! Aber ich habe nichts damit zu tun. Ich wurde auch erpresst!«

»Wusste ich es doch!«, meinte Rebecca.

»Aber von wem wurden Sie erpresst?«, fragte Frieda ratlos.

»Von Herrn Minautschaja! Dem Manager von den Leuchtsternen«, sagte sie.

»Aber wieso sollte er das tun?«, fragte Frieda.

»Naja! Er bekommt seiner Meinung nach nicht genug Anteil.« Mrs. Jacobbs nahm ihr Handy aus ihrer Tasche.

»Wen rufen Sie jetzt an?«, fragten die Kinder erschrocken.

»Die Polizei!«

Nach etwa zehn Minuten saßen sie alle in einem Polizeiauto und fuhren zum Haus von Herr Minautschaja. Als sie an der Tür klingelte und er die Tür aufmachte und die Polizei sah, gestand er alles: »Ich habe Oliver getötet! Ich habe Kerstin erpresst, dass sie einen Brief schreibt! Sie hat mich betrogen! Sie war meine Freundin und hat mich einfach verlassen!«

Der Hauptkommissar: »Okay, dann brauchen wir jetzt nichts mehr tun, außer Sie festzunehmen!«

Als Herr Minautschaja mit dem Polizeiauto wegfuhr, dankte der Kommissar den Mädchen etwas übertrieben.


Ohne Oliver konnten die Leuchtsterne nicht spielen. Die Fans der Leuchtsterne trauerten sehr um Oliver, da er jedoch gestorben war, löste sich die Band auf.

Zum Dank von Herrn Trimpel-Trampel und dem Herrn Kommissar waren die Frelas jetzt die Leuchtsterne.