Nina Kossegg (17)

Sommernachmittag

Da war dieser See, in dem wir so oft geschwommen waren als Kinder, und der uns im Winter immer als Eislaufplatz gedient hatte. Und da war sie, die damals immer dabeigewesen war, die mein Lachen geteilt hatte. Sie, die meine Tränen fortgewischt hatte. Sie, von der stets so viel meiner Lebenskraft ausging.

Das Licht dieses späten Sommernachmittages war gelb, ein leichter Stich ins Grüne vielleicht, aber es ließ alle Waldgeräusche um uns herum verstummen. Und es ließ ihre Haut weicher erscheinen, als sie ohnehin schon war, ließ ihr Haar heller schimmern und ihr Lächeln tiefgründiger und rätselhafter wirken als sonst.

Sie lächelte, und aus ihrem Gesicht strömte Leben mit einer solchen Kraft, mit einer solchen Intensität, daß ich sie nicht länger ansehen konnte und dennoch immer ihr Lächeln vor Augen hatte, bis ich diese schloß – da blieb nur mehr Licht.

Sie muß ihr Sommerkleid, das so unanständig kurz war, innerhalb weniger Sekunden über den Kopf gestreift haben, ihre Unterwäsche folgte, flog in den nächsten Baum und verfing sich im Geäst.

Sie sah mich an, zuckte mit den Schultern, streckte sich wie eine müde Katze.

Dann lief sie ins Wasser. Sie lachte und schrie, genau so, wie wir es als kleine Mädchen getan hatten. Die Wasserperlen. Die sie mir zuwarf, hatten die gleiche Farbe wie ihr Haar in diesem seltsamen Licht.

Eine Weile sah ich ihr nur zu, dann folgte ich ihr, langsam, aber bestimmt.

Nach allen Zweifeln, allen Versuchen, der Welt zu entkommen, hatte ich mich endlich entschieden – ganz für mich alleine, ohne daß mich jemand hätte überzeugen können.

Sie war das Leben.

Das Wasser war trübe und warm, und ihr Atem kitzelte an meinem Ohr, als sie mir zufrieden zuflüsterte: Endlich!