Andrea Kern (17)

Sie geht

Sie geht, sagt sie. Und ich nicke. Ja, sage ich. Es ist schon spät. Und wir scharren verlegen Bilder in die Erde mit den Spitzen unserer Schuhe. Heute war ein schöner Tag, sage ich. Ja, sagt sie und sie nickt. Und wir schweigen. Da ist eine Leere an Worten. Aber sie ist noch bei mir. Und ihr Blick ist sanft. Und ihr Schweigen malt mit spitzer Feder Worte in meinen Mund. Weißt du noch ... Ja, sage ich. Und ich nicke. Und sie sieht mich an. Sie hat mich nichts gefragt. Und wir scharren weitere Bilder in die Erde, mehr Erinnerungen. Und wir schweigen. Und wir nicken in der Peinlichkeit der Situation und in der Leere an Worten. Und wir malen wie besessen und erwecken die Bilder zum Leben. Und sie ist noch da. Und ich atme. Und mein Herz schlägt. Und ich halte sie nicht fest, ich bitte sie nicht zu bleiben. Nein, sagt sie plötzlich. Und ich sehe sie an. Ich habe sie nichts gefragt. Und sie geht. Und ich bleibe. Und ich scharre weiter und erfinde neue Erinnerungen an sie. Und ich sehe sie an. Und sie ist tatsächlich weg. Ja, sage ich und ich nicke. Sie hat einen flimmernden Schatten hinterlassen in der Dunkelheit. Und ich betrachte ihn liebkosend und warte, bis er endlich in der Kälte der Nacht verblaßt.

Und ich schäme mich.