Nadine Brügger (17)

Na, Toffel

Weeste, Toffel, lass die Leute doch palavern, dass ick’n alter Demel bin. Können se sagen. Mir is det Jacke wie Hose. Aber weeste, wa? Wat ick da jehört hab, det is wa. Sach ich dir. Det is wa. Nene, jetäuscht hab ick mir nich, Toffelchen. Nich icke. Ick wees noch jenau, wie die aussahen, die Joldblum-Zwillinge. Und der Olle von jestern, det war ooch eener von denen. Der andre ist ja tot, ne. War ’ne traurige Jeschichte, Toffel. Sehr traurig. Dabei hab ich se immer jemocht, die beiden reichen Säcke. Auch wense Juden waren. Aber die mögen ja jetzt alle, die Juden. Alle schnafte jetzt. Is mir pomade. Den Joldblum hab ick jedenfalls sofort wiedererkannt. Wollt’s Grab von seinem Atze kieken. Hat er’s jefunden? Wees ick nich. Schien aber sehr zufrieden, der Herr, als er zurückkam. Sehr zufrieden. Hat mich nich erkannt, der Herr Nathanael. Hat den Thomas nich erkannt. Seinen alten Freund. Na, so nett war ich ja am Ende nu ooch wieda nich zu dem, Toffel. War nich jut, nett zu sein mit den Juden. Jar nich jut. Ach Toffel, son richtijer Zausel bin ick, und spinnen tu ick och. Am liebsten würden se mir nach Daldorf schicken. Sagen se, die Leut. Der Thomas hat nich mehr alle Tassen im Schrank, hat er nich. Ick wees, ick wees.

Jut, du has ja recht, ick erzähl’s der jetzt. Hör mir aber jut zu, Toffel, ick mag nich alles zweemal sagen, weeste, ne nich. Jestern, da hab ick ja den alten Joldblum jesehn. Und wie ick da so bei der Wiesler im Kiosk war un meene Aktiven koofen wollt, da hör ick die Wiesler mit der Beldner tuscheln. Jaja, jetuschelt ham se, die Weiber. Machen se immer. Weiberjetuschel. Wie ick se aber vom jungen Joldblum tuscheln hör, der is ja jetzt och schon janz schön alt, aber für uns, da isser immer noch der junge Joldblum, weil der Alte war ja der Arzt, da hab ick mäuschenstill jestanden und jelauscht hab ick. Jaja, Toffel, der Thomas hat jelauscht. Haben mir nich bemerkt, die Wiesler und die andre. Ne nich.

Die Beldner hat jesagt, die Meinhardt hat erzählt, der von Burg ihre Freundin hat jesagt, det die Tochter vom Joldblum och da is. Mit der janzen Familie isse da. Aber des is noch nich alles. Na Toffel, biste jespannt?

Also die hat zwe Gofen, die Tochter vom Joldblum. Und ’nen Mann och. Und jetzt hör dir das an, Toffel: die Tochter von der Tochter vom Joldblum, det is die Kleene von ihrem Mann. Aber der Junge, der Junge is von ’nem andren! Jaja, da haste janz richtig jehört, die hat ’nen Balg mit ’nem andern, und dann heeratet se noch mal ’n andren. Aber det Beste kommt noch, Toffel. Kommt noch. Die Kleene Joldblum is ja nich nur mit ihrer Familie und dem Alten da, nich, di is noch mit ner andren Familie jekommen. Schweizer sind’s. Weeste von den Reichen, die in unserem Krieg nich mitjemacht haben, nich. Und der Mann von der andren Familie, det is der Vater vom ältren Balg von der kleinen Joldblum. Da kickste wa, Toffel? Reisen doch die alle zusammen und noch mit dem Alten noch hierhin zu uns. Da kickste. Da kiek icke ooch.

Und die Beldner sagt, die Meinhardt sagt, die Freundin von der von Burg sagt, die sein alle janz glücklich und zufrieden mitnander.

Det gloobste nich, Toffel?! Doch, doch, ick hab’s ja jehört!

Und wie die Beldner fertig war mit Erzählen, hat sich die Wiesler umjedreht und mir anjekieckt. Det hat ihr nich jepasst. Sie wollt halt nich, det alle zuhörn.

Ick sach nie nüscht, hab ick jesagt. Nie nüscht. Und dann hatse jesagt, ick soll meene Zijaretten halt mal woanders koofen, hat se jesagt. Sie will keenen unjepflegten alten Spinner im Kiosk von der haben. Und vor allem keenen, der lauscht.

Is sowieso nich jut, det Boofeln, Toffel. Gibt Krebs. Und was macht denn meen Toffel, wenn ick nich mehr da bin? Dann hat er keene Freunde mehr. Ach doch … der Toffel schon.

Dat war ne Jeschichte, die ich da jehört hab. Jeh ick halt meene Glimmstengel woandert koofen, wa? Ises allemal wert, die Jeschichte, wa?

Da stehen sogar ’nem Kater die Haare zu Berje. Sogar dir, Toffel. Jut, jut …