Sabine Schönfellner (15)

Der Panther trägt Schwarz

»Geh nicht.«

Er seufzte nur: »Du weißt genau, dass ich mir das nicht aussuchen kann.«

Sie lagen im Dunkeln. Auf der Decke. Wie immer. Oder doch nicht wie immer. Er hatte vom Weggehen gesprochen. Endgültig.

Sie zog das linke Knie an, umschlang es mit den Armen. »Ich brauche dich.«

»So was passt nicht zu dir, Panther. Sag das nicht. Du weißt genau, dass es nicht stimmt.«

Panther. Er nannte sie immer so, weil er fand, es würde zu ihr passen. Sie würde alle umschleichen im Verborgenen, sie beobachten. Sie würde ihre Persönlichkeit, ihr Leben, vor allen verstecken. Auf ihren eigenen, verschlungenen Pfaden durch die Dunkelheit streifen. Eine Einzelgängerin. Unabhängig. Gefährlich, wenn man ihr zu nahe kommt. Mit verbalen Krallen ausgestattet.

»Ich habe dich gebraucht, Panther.« Er strich ihr über die Haare, sie schob seine Hand weg. »Dir steht Selbstmitleid auch nicht.« Sie konnte durch die Dunkelheit sein Lächeln fühlen. Dieses sphinxartige Lächeln.

Sie hatte sich immer bemüht, etwas mehr so zu sein wie er. Er dachte über vieles nach, entwickelte ungewöhnliche Ideen. Aber er konnte auch sehr gut auf Leute zugehen, offen und ehrlich sein. Er machte kein Geheimnis aus seiner Persönlichkeit, aber manchmal musste sie sich fragen, ob wirklich alles so offensichtlich war.

Natürlich hatte sie auch nachgedacht. Über einen Namen für ihn. Nächtelang hatte sie sich den Kopf zerbrochen. Ohne Ergebnis. Sie hatte das immer bedauert. Und jetzt bedauerte sie es noch mehr. Wo er vom Weggehen sprach.

»Vielleicht können wir uns darauf einigen, dass wir uns gegenseitig gebraucht haben?«

Ein Lächeln von beiden Seiten.

Plötzlich musste er husten, es klang schwach. Er atmete tief durch.

»Was soll ich denn machen ohne dich?« Sie strich ihm über das Gesicht, zeichnete seine Augenbrauen nach.

»Leben. Vielleicht.« Wieder musste er husten.

»Ich muss weggehen. Du weißt es. Ich weiß es.«

»Kannst du nicht dagegen ankämpfen?«

»Ich bin kein Panther. Außerdem bin ich zu müde zum Kämpfen.«

Sie drehte sich auf die andere Seite, wandte ihm den Rücken zu. »Du willst nicht kämpfen.«

»Ich habe es ja versucht.« Er rutschte näher, legte von hinten den Arm um sie.

»Auch wenn es kitschig ist«, flüsterte er ihr ins Ohr, »ich glaube, ich muss dir jetzt sagen, dass ich dich liebe.«

»Würde ich dir nicht raten.«

Er zog den Arm zurück und drehte sich auf den Rücken. Sie hörte, wie er immer leiser und langsamer atmete. Bis er verstummte. Weg war. Gegangen.

Und sie lag alleine in der Dunkelheit. Dachte nach. Darüber, dass er vielleicht doch hätte sagen sollen, dass er sie liebte. Darüber, dass sie nun niemand mehr Panther nennen würde. Und darüber, dass sie sich so halbiert und leer fühlte.