Larissa Wehning (14)

Weiß

Das Papier schien ihn anzustarren. Vorwurfsvoll. Es machte ihn verrückt, er konnte seinen Blick nicht lösen. Ohne zu blinzeln, starrte er zurück, als wollte er es zum Kampf auffordern. Schon nach kurzer Zeit begannen seine Pupillen zu schmerzen, ein letztes angestrengtes Hochziehen der Brauen, dann hatte er verloren. Er schloss die Augen, weiße Punkte tanzten vor seinen Lidern. Er sackte noch weiter im Stuhl zusammen, bevor er wieder auf das Blatt zurücksah. Er hatte gehofft, dass es sich inzwischen verändert hätte, aber es sah noch erschreckend gleich aus. Leer.

Immer wieder drehte er seinen Kugelschreiber auf und zu. Das Klicken machte ihn nervös, aber er hörte nicht auf und wusste selbst nicht, warum. Der Stuhl unter ihm schien immer wärmer zu werden, er rückte hin und her, wand sich. Noch wärmer. Die Luft kam ihm stickig vor, drückend. Erdrückend. Unerträglich. Er schob den Stuhl mit einer ruckartigen Bewegung vom Tisch weg und stand auf. Das Gefühl zu verdursten. Nachdem er Wasser getrunken hatte, fühlte er sich voll. Zu voll. Das Papier lag da wie vorher. Gleich weiß, gleich leer. Er begann im Kreis zu laufen, warf Seitenblicke zum Tisch hinüber. Weiß. Das Gefühl, nicht mehr denken zu können. Er wippte mit dem Kopf hin und her, als könnte er auf diese Weise seine Gedanken befreien. Das Papier knebelte sie, hielt sie zurück. Und immer noch lag es da, immer noch weiß, leer. Nichts sagend. Er bewegte sich schwerfällig. Es bändigte nicht nur seine Gedanken. Ein Blick aus dem Fenster, Kinder mit Fliegern. Aus Papier. Kämpfen.

Er trat zum Tisch, ergriff die Bögen, ging zum Fenster, öffnete es.

Es sah schöner aus, wenn sie flogen, dachte er.

Dann trat er aus der Tür und lief die Straße hinunter.

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