Cordula Simon (17)

Nächster Tag

Die Nacht leckt mir über das Gesicht – etwas eisig.
Schön, das zu merken, spüren, dass man lebt – alles nicht so schlimm.
Eines dieser Fellknäule läuft neben mir her. Grau – könnte aber auch etwas anderes sein.
Ich versuche in Ruhe zu denken, doch das Tier lenkt mich immer wieder ab.
Irgendwann nehme ich sie hoch. Es ist kalt. Sie warm. Sie ist, glaube ich, ein Er. Egal – warm.
Langer Tag. Gestern war ich noch betrunken.

Habe bis Mittag geschlafen. Wenig gegessen – weiß nicht ob wegen dem Alkohol oder dem Gewissen.

Sonntagnachmittag – Fernsehprogramm im Halbschlaf. Und jetzt.

Meine Freundin war auch betrunken. Sang dumme Lieder mit selbst erfundenen Texten. Hat mich gebeten, ihr die Pille zu geben – sie hatte vergessen.

»Gib mir die von Freitag, ich bin noch nicht so weit, dass wir Samstag haben können.« Ich auch nicht, war mein einziger Gedanke.
Konnte nicht einschlafen. Musste mich an der Bettkante festhalten, weil das Bett rotierte.
Bin wieder aufgestanden und reden gegangen. Ernst, Unangenehm. Bei der fremden Frau von gestern Abend. Dann haben wir miteinander geschlafen.
Zu lang, alles was davor war. Aber warum auch nicht.
Die Pelzkugel gehört bestimmt jemanden in meiner Nachbarschaft … egal wie weit ich sie die dunkle Straße mitnehme. Zurückfinden – kein Problem.
Schnurren. Ich vergrabe meine Nase in ihrem Fell. Riecht angenehm, nicht dreckig, nach Hauskatze.
Mühsam sammle ich die anderen Gedanken auf. Auch ein bisschen Gefühl ist dabei. Sammle es auf, auch wenn ich es nicht will.
Möchte Träumen können.
Das Fellknäul springt mir vom Arm, die Träume auch.
Allein lassen sie mich nicht, auch nicht die Katze; hat nur ein Blatt gejagt.
Der Mond versteckt sich im Birnenbaum – so sieht es zumindest aus, wenn die Straßenlaterne leuchtet. Ich setze mich daneben. Schlafe noch einmal mit der Fremden – immer wieder.
Wenn es hell wird, kann ich die Gedanken nicht mehr ertragen, gehe ins Haus.
Das Fellknäul möchte mit hinein, weckt Mitleid in mir, nur nicht genug.
Erst als ich im Bett liege, hätte ich es gerne wärmend wieder.
Träume wirres Zeug, von der Katze, die Freundin träumt mit, sonst niemand.
Als ich aufwache, ist Freitag.