Alexia Baumgartner (17)

Der Auftritt

Zitternd steht sie hinter der Bühne. In der Hand die Noten, so fest gehalten, dass sie zu zerreißen drohen. Angstschweiß tritt auf ihre Stirn. Ein Auftritt wird angekündigt, ihr Auftritt. Mit rasendem Herz und gerötetem Gesicht, dem Gefühl, bewegungsunfähig zu sein, steht sie da, zweifelt an sich selbst. Ein Rückzieher ist nicht mehr möglich. Es ist zu spät, sie weiß es.

Der Vorhang öffnet sich. Sie erhascht einen Blick auf das Publikum. Gelangweiltes Klatschen aus Höflichkeit ertönt. Vorn, am Bühnenrand, steht das Mikrofon, unerreichbar fern. Keinen Schritt kann sie tun, wie gelähmt steht sie da. Buhrufe ertönen aus dem Saal, Auspfeifen und Lachen. Die Starre löst sich. Mit unsicheren Schritten geht sie zum Mikrofon, ihre Knie schlottern, sie ignoriert es. Der Mund öffnet sich, die Lippen bilden Worte, aber kein Ton ist zu hören.

Die Musik beginnt zu spielen, ihr Einsatz kommt, sie holt tief Luft, setzt zum Singen an, ein ersticktes Gekrächze ertönt. Sie verstummt. Tränen treten in ihre Augen, laufen über das schweißnasse, vor Scham gerötete Gesicht. Die Musik spielt weiter, aber sie steht nur da, verpasst den Einsatz zur zweiten Strophe, hört Gelächter aus der Menge, sieht die spöttischen Blicke auf sich gerichtet, die Musik verstummt, und der Vorhang fällt.