Cornelia Travnicek (15) – 4. Preis

mücke

bin eine mücke
sauge euer blut
trinke reines leben
bin eine mücke
komme hundertfach
werde tausendfach
erschlagen
bin eine mücke
wäre nun tot
bestraft von eurer hand
bin eine mücke
schwirre nicht um
sondern in deinem kopf
bin eine mücke
kannst mich nicht erschlagen
schlägst dich dabei
selbst
tot

 

lüge

das paradies gehört uns
kauf dich frei bei mir
sie bringen mich zum weinen
das leben ist einziger freier fall
flieg mit mir zur sonne
sie wird dich verbrennen

du bist schön wenn du zerbrichst
dein körper ist gut im sterben
zum weinen ist es
wir alle sind frei
lauf mit an das ende der welt
deine ketten werden dich erwürgen

du bist wichtig und mächtig
du spürst den sensenmann nicht
ich zeige dir meine tränen
tanz mit mir zur seelenmusik
deine ist tot – du stirbst mir ihr

versprich mir
dass dich alle deine lügen
glücklich
vermodern lassen

 

nächtens

der blick in die nacht
in uns
da regt sich die urseele
so sind wir
tausende in der dunkelheit
alle gleich
alle so hell
wie die finsternis
in unseren gedanken
es umgibt uns
kennst du die farbe
von tiefem wasser
der eulenschrei
er spricht zu uns
düsterheit verspricht unser
auge
wir schlafen jede ewigkeit
auf der sichel des mondes
in der unendlichen tiefe
alles schützender
schwärze

 

stundenglas

ihr schwarzen körner
erzählt mir die geschichten
der tod –
im gesicht ein grinsen

was denkt er
ist er oder bin ich

wir stehen im unteren teil
lassen uns erschlagen von
den ewigkeiten
ersticken im sein

 

FREI

es ist der grüne traum
ihr könnt ihn nicht fangen
seht ihr ihn am horizont
der sohn des alles verbrennenden feuers

wir treffen uns am tiefsten gipfel im meer
die stäbe sind pures gold
doch unser ungezähmtes wort ist das schwert
wir werden sterben voller flammen

während wir sitzen im herzen
im licht unserer aller mutter luna
es zerschlägt das gitter – das schwert
wer uns begreift der fängt feuer

der heiße regen kühlt unser gesicht
wir sind eins – wir sind alles
wir sind der feuersturm der das leben birgt
irgendwann – dann wenn die nacht silbern ist

unser herz ist sol – unter den händen schmilzt stein
ihr habt dieses eis in den augen
es muss vergehen – dann wenn wir erwachen
es ist der traum welcher trägt unser licht

ihr seid kälter als alles
aber wir sind heißer als die unsterblichkeit
euer verstehen ist aus stahl
zwar ist euer käfig aus gold

aber nur wir
SIND FREI GENUG MIT DEN FLÜGELN ZU SCHLAGEN

 

namenlos

Ich gehe ganz langsam. Wieso auch eile? Warum schnell zurück zu den wänden die mich ersticken und den fenstern die das alleinesein zunichte machen. Alles nur lüge.

Die tür öffnet sich zu freundlich, ich glaube ihr nicht. Vielleicht öffnet sie sich einmal nicht. Dann wird sie wahr sein. Die katze kommt mir entgegen, sie miaut leise und hat diese wissen in den augen. Sie ist sie selbst. Sie ist wie ich. Manchmal sind wir zu zweit alleine. Große leere herrscht vor. Warum ist nichts ausgefüllt? Auch meine gitarre kommt mir entgegen, ja sie springt mich fast an. Warte noch, sage ich zu ihr.

Sie wird immer warten.

Sie wird warten bis einmal dieser zug kommt, oder diese brücke dir mir das fliegen beibringt. Bis dahin sind wir gefährten. Und alle alleine. Mein bett begrüßt mich, aber unter ihm lauern die grauen männer, die das einschlafen unmöglich machen. Ich fühle mich wie ein fisch der sich einbildet am strand spazieren gehen zu müssen. Das kalte wasser aus der leitung ist freundlich und vertreibt die haie. Das fenster glotzt mich an. Schau nicht so dumm, du zerbrichst leichter als ich.

Dann endlich finden meine finger die saiten der gitarre. Ruhe, sehnsucht und überhaupt alles und nichts kondensiert an ihr. Sie hat gewartet.

Sie wird immer warten.