Elisabeth Klar (16)

Sonntag

Ich wusch gerade ab, als er es sagte:

»Sie kommt heute.«

Ich hielt inne.

»Das kann doch nicht dein Ernst sein.«

»Doch«, sagte er, »sie hat gerade angerufen.«

»Wieso hast du nichts gesagt?«

»Das tu ich doch gerade!«

»Aber… wieso hast du nicht gesagt, dass wir keine Zeit haben?«

»Aber wir haben doch Zeit. Den ganzen Sonntag haben wir Zeit.«

»Es ist doch unser Sonntag.«

Er seufzte, »Nun komm schon. Ich meine, sie hat doch auch hin und wieder Gesellschaft verdient.«

Während ich dem Wasser in der Spüle zusah, das sich regelmäßig von den Tropfen des undichten Wasserhahns wellte, dachte ich an ihre weinerliche Stimme, die ich nun einen ganzen Tag lang hören würde.

Ich wischte meine Hände an der Schürze ab und setzte mich.

»Ich will nicht.«

»Was heißt, du willst nicht? Es ist doch nichts Schlimmes daran, dass sie mal vorbeischaut.«

Er stützte den Kopf in die Hände.

»Alles, alles ist schlimm daran. Ich will sie nicht sehen. Sag ihr ab.«

»Sie ist doch kein Monster!« Er schien fast entrüstet. Wusste er nicht, was ich meinte?

»Außerdem kann ich das unmöglich machen. Ich hab ihr doch erst vor fünf Minuten zugesagt.«

»Ja. Aber mich hast du nicht gefragt.«

»Gott, es kann doch nicht immer alles nach dir gehen!«

Ich stand auf, das Geschirrtuch landete am Boden.

»Hör mal zu, das ist unser Sonntag! Ruf sie an und sag ihr ab!«

»Ja, was soll ich ihr denn sagen? Dass du sie hasst?«

»Was weiß ich! Stell dich nicht so dumm und lass dir was einfallen. Sag ihr, dass ich noch zu tun hab!«

Ich drückte ihm das Telephon in die Hand.

»Warum machst du das nicht?«

»Du hast uns das eingebrockt. Du rufst an!«

Ich drehte mich, stellte den Topf unter die Leitung und drehte den Hahn auf, während er zögernd die Tasten drückte.

Ich hörte ihn reden, er sagte irgend etwas von

»noch viel Arbeit«, »ins Kino gehen«, »eigentlich ungünstig«.

Doch er wurde immer leiser, schwieg immer länger.

Dann hörte ich ihn sich setzen und nur noch

»Ja«, »Gut«, »Ich verstehe ja« sagen und »Bis dann«.

Er legte auf und atmete einmal tief durch.

»Sie kommt heute«, sagte er.

Ich betrachtete das Wasser in dem Topf, die Hände an der Spüle abgestützt, und spürte, wie der Zorn mich am ganzen Körper zittern ließ.

»Weißt du was?« sagte ich, »dann unterhalte sie doch allein!« Es geriet mir etwas zu laut und zu schrill.

Ich rannte an ihm vorbei, warf die Schürze in eine Ecke und lief aus dem Haus.

Am Gartentor kam ich mir schon lächerlich vor.