Julia Wallnöfer (15)

Phantomtanz

Eng umschlungen tanzten sie. Als wären sie eins, der eine könnte ohne den anderen nicht existieren. Er schaute in ihre dunkelbraunen Augen und war wie gefesselt. Seine Finger verloren sich in ihren Haaren, spielten mit einzelnen Strähnen.

Er flüsterte: »Ich liebe dich.« Doch sie – sagte nichts. Die Nacht senkte sich über sie. Die beiden tanzten immer weiter und weiter. Er führte sie, und sie folgte ihm schweigend. langsam fielen ihre Lider zu. Er strich über ihre Wimpern, die lang waren und sich ein wenig feucht anfühlten.

Wieder sagte er: »Ich liebe dich!« Und wieder keine Antwort. Er wurde müde, bald würde er sie nicht mehr halten können, und doch tanzte er weiter. Ihre Arme lagen schwer auf seinen Schultern. Ihre Beine waren unerträglich steif. Bald würde er sie fallen lassen.

Seine Augen schmerzten von der Dunkelheit. Er wollte sie schließen. Seine Hände wurden feucht und seine Knie zitterten.

Da ließ er sie los, und sie fiel auf den kalten Steinboden, doch hörte er es nicht. Die Nacht verschluckte ihr Gesicht – und bald auch ihren Körper. Er drehte sich um, schaute nicht zurück. Wenn man genauer hinsah, entdeckte man sogar ein Lächeln. Und doch sagte er:

»Ich liebe dich!«