Cordula Simon (15)

Finster

Ohne Hoffnung
auf ein Licht.
Du stehst vor mir.
Kannst mich nicht fühlen;
mich nicht sehen.
Die Erde hat mich
schon bedeckt.
Der Glanz,
längst aus mir gewichen.
Zurück bleibt nur
Ein Funkeln – deine Tränen.
Kälte – Trauer verdrängt
die wärmende Erinnerung.
Die Wärme,
auch aus mir verschwunden.
Du frierst –
ich nicht; nicht mehr.
Dunkel – dein Denken
dem Tod nah.
Dunkel genug, –

dass du die Sterne sehen kannst.

 

Am Sterbebett

Der Arzt,
er spricht:
»Ableben noch heute Nacht.«
Die Großmutter
Seit Monaten
nichts mehr gesprochen.
Der Vater und die Mutter
sitzen aufrecht, ruhig
und trauernd da.
Die Großmutter
seit Monaten
nicht mehr gesessen.
Die Tochter
blickt unverwandt
zu Boden.
Die Großmutter
Seit Monaten
nichts angesehen.
Der kleine Sohn,
das Leben vor sich,
beugt sich
über das alte,
faltige Gesicht.
Schreckt zurück.
Die Großmutter,
den Blick auf ihn gerichtet,
setzt sich auf
und spricht
in die Totenstille der Verwirrung
ihre letzte Bitte:
»Kind,
sag mir,
wie
sich Gott anfühlt,
damit ich
vorbereitet bin.«