Stefanie Flebus (17)

Versteckspiel

Graues vermischt sich mit Grünem.

Ein bisschen Rot rinnt quer über die Fensterscheibe, von links oben nach rechts unten, und verdurstet in der Ecke.

Alles ertrinkt in Eintönigkeit.

Kinderspiele.

Welcher Regentropfen bahnt sich als erster den Weg durch die vielen verzweigten Rinnsale hinunter zum Ende der Fensterscheibe, um dann vergessen auf den Asphalt zu klatschen.

Ein Ruck geht durch den Bus. Haltestelle. Ich muss aussteigen.

Selbst gehen.

Das Klappern meiner spitzen Absätze auf dem Asphalt hallt durch die Straße, und prallt bis zur nächsten Kreuzung an der Regenmauer ab.

Der kleine Schirm wird ungeduldig aus der kleinen schwarzen Lacktasche gezerrt, während meine Blicke versteckt umher suchen.

Niemand sonst unterwegs. Niemand sonst…

Die Kälte des Abends steigt langsam an meinen Beinen hoch, klettert weiter nach oben in meinen Kopf und bringt meine Gedanken zum Pochen.

Mein Magen zieht sich zusammen.

Der Wind regnet die Haare aus meinem Gesicht.

Die Straße glänzt im weißen Licht der Straßenlaternen, die in gleichmäßigen Abständen alles beleuchten, was nicht gesehen werden will.

Jeder Schritt ist Überwindung, jeder Windstoß drängt zurück.

Das Rauschen der Regentropfen verschlingt meine Schritte.

Links und rechts Leuchtreklamen.

Sie schreien mich an, machen mich ratlos und saugen gierig meine Wünsche ein.

Der rettenden Eingang liegt nicht weit weg.

Nur noch kurz das »Es macht keine Sinn« an der Ecke hinter sich lassen.

Schon spüre ich den kleinen Türknopf aus Messing in meiner Hand.

Ein kurzer Stoß und ich bin mittendrin.

Laute Barmusik drängt die hämmernden Selbstvorwürfe in den Hintergrund.

Der Bass schlägt mir in die Magengrube, mein ganzer Körper scheint diese Musik aufzusaugen wie ein Schwamm.

Der erste Atemzug, und dieser vertraute abstoßende Geruch von Rauch und Schweiß ist wieder da.

Musternde Blicke überall.

Jede kleine Bewegung wird registriert.

Pochende Zweifel mischen sich mit dem flauen Gefühl im Magen zu einem kalten Stich, der mich klein macht. Klein und verletzlich.

Mein Platz am Ende der Bar wartet und fordert.

Der Rauch brennt in meinen Augen.

Der Barhocker wird zum Rettungsboot.

Das abgewetzte Leder wirkt einladend, fast gemütlich.

Die vielen Flaschen hinter der Bar leuchten mir mit ihren bunten schweren Flüssigkeiten seltsam verratend entgegen.

»Dasselbe wie immer, danke.«

Der letzte zweifelnde Blick in den großen Spiegel unter der langen Flaschenreihe.

Ein Gesicht starrt mir entgegen, das ich zwar kenne, aber das mir nicht gehört.

Und dann, Schluck für Schluck, ertrinkt alles in einer warmen dumpfen Suppe aus grauem Nebel.