Stefanie Flebus (16)

Zweisamkeit vielleicht

»Der Wasserhahn tropft«, meinte er eines Tages beim Abendessen. Es gab Fisch mit Kartoffeln. Wie jeden Freitag Abend. »Die Uhr tickt zu laut«, antwortete sie. Dann aßen sie weiter.

Nach dem Essen las er die Zeitung. Wie jeden Abend, wenn er heimkam. Und sie wusch ab. Früher hatte sie dabei immer gesungen. Die Kerze brannte noch auf dem Tisch.

Auf dem Kaminsims standen verblichene Fotos. In pastellfarbigen Porzellanrahmen. Im Glaskasten daneben Reiseandenken.

Sie stellte ihm stumm den Kaffee auf den Tisch. Mit Milch, ohne Zucker. So wie er ihn bereits seit Jahren gerne trank.

Die Fotoalben standen nach Jahren geordnet in dem obersten Regal des Kastens. Ohne Leiter waren sie nicht zu erreichen.

»Trink doch, sonst wird dein Kaffee noch kalt«, sagte sie ruhig. Ihr Blick ruhte auf irgendeinem Punkt in der Ferne.

Er setzte sich zum Tisch und trank in kleinen Schlucken. Die Uhr tickte und der Wasserhahn tropfte. »Morgen wird es kalt«, meinte er.

Sie stand auf, um noch die restlichen Pullis von ihm in die Waschmaschine zu geben. »Die Uhr tickt zu laut«, antwortete sie.

Er ging ins Bad. Sie setzte sich an den Tisch, um seine Socken zu stopfen. Die Uhr tickte, und der Wasserhahn tropfte.

Sie spülte das restliche Geschirr ab und deckte den Tisch für das Frühstück. Obwohl sie in der Früh noch genug Zeit haben würde, erledigte sie es immer schon am Abend vorher. Die Macht der Gewohnheit.

Sie hörte die vorbeifahrenden Autos. »Es wird kalt«, meinte er. Sie schloss das Fenster.

Dann ging sie ins Bad und ordnete die Handtücher, bevor sie mit ihrer Abendtoilette begann. Sie hörte, wie er sich an den Bettrand setzte. Das Bett war bereits alt und knarrte leise. »Die Kerze brennt noch, meinte er.

Sie ging in den Salon, um die Kerze auszulöschen.

Das Bett knarrte, als sie sich darauf setzte. Sie nahm ihr kleines Medaillon ab und legte sich hin. Die steifen Bettlaken raschelten. »Der Wasserhahn tropft«, meinte er.

»Die Uhr tickt zu laut«, antwortete sie.