Christine Weber (14)

Reise zu den Sternen

Der Stern glitzerte und funkelte.

Er war viel größer als die anderen Sterne ringsum und schien näher zu kommen. Natürlich war das nur Einbildung, denn die Geschwindigkeit, mit der wir uns dem Objekt näherten, war mit freiem Auge nicht sichtbar; aber dennoch war der Stern in den letzten Wochen und Monaten beständig gewachsen.

Mittlerweile tat es trotz der Schutzbrillen und der getönten Verglasung beinahe weh, wenn man ihn ansah.

Ich starrte durch das Fenster. Der Stern hob sich gut von dem vollkommenen Schwarz des Weltraums ab, und es schien, als wäre er aus Gold.

Ich stützte mich mit der Hand am Fensterbrett ab und gähnte.

Eine seltsame Müdigkeit hatte von mir Besitz ergriffen, doch ich wusste nicht, woher sie kam. Natürlich, ich war seit einem Tag nicht mehr ins Bett gekommen, aber an das war ich gewöhnt. Das Leben hier ließ es nicht zu, dass ich lange schlafen konnte. An Bord eines großen Schiffes gehört die nächtliche Wache eigentlich zur Tagesordnung, und ich hatte mich bereits nach wenigen Wochen soweit angepasst, dass mir die paar Stunden Schlaf nicht mehr fehlten. Dennoch musste ich jetzt noch einmal gähnen.

Ich blinzelte und wandte meinen Blick von dem fußballgroßen Gebilde ab. Es würde noch einige Zeit vergehen, bis wir den Stern erreicht hatten. Aber das Schlimmste war überstanden.

Die Reise war sehr anstrengend gewesen. Nicht körperlich anstrengend – nein, die Zeiten, in denen die heldenhaften Luftpiraten mit ihren Raketen durch den Weltraum geflogen waren und das Ding vor lauter Schaltern und Hebeln nicht zu steuern gewusst hatten, waren vorbei – wir lebten in einer modernen Welt, wo einem Computer und Roboter die meiste Arbeit abnahmen, aber diese Fahrt würde eine große Belastung für den Geist sein. Die Seele war das Zerbrechlichste im Menschen, und daher wurde die Schiffsbesatzung auch sorgfältig ausgewählt. Man musste zahlreiche Tests bestehen, ehe man auch nur eine Zehe auf den grauen Metallboden des Raumkreuzers setzen durfte.

Viele waren an dieser Belastung zugrunde gegangen, hatten den Verstand verloren. Ich kannte die Gründe. Sie waren zahlreich.

Doch die häufigste Ursache ist ganz einfach die Langeweile. Und die Einsamkeit.

Es ist erschreckend, wenn man weiß, dass man für Jahre in diesem engen Raum eingesperrt sein wird und rein gar nichts tun kann. Nur warten.

Man lebt vor sich hin, sieht jeden Tag dieselben Räume und – was noch schlimmer ist – dieselben Menschen. Mit der Zeit beginnt man, sie alle zu hassen, und irgendwann ist dann der Punkt gekommen, an dem man seinen Entschluss bereut.

Ich wusste es genau, denn auch mir war es lange Zeit so ergangen. Doch ich hatte es geschafft. Und ich hatte zusehen müssen, wie viele meiner Kameraden und Freunde daran zugrunde gegangen waren.

Aber jetzt waren wir am Ziel. Doch um welchen Preis!

Ich dachte nach.

Wenn ich als Kind zu dem Sternenhimmel empor gesehen hatte, dann hatte ich gewusst, dass ich Sternfahrer werden würde. Doch ich hatte mir diesen Traum anders vorgestellt. Irgendwie aufregender, heldenhafter. Strahlende Ritter in einem blitzenden Raumschiff, bereit, neue Planeten zu entdecken und zu erobern. Es war Unsinn!

Wir lebten hier, und nur eine hauchdünne Wand trennte uns von der Unendlichkeit des Raums. Man kann es sich nur schwer vorstellen, und ich hatte schon vor einiger Zeit erkannt, dass es besser war, wenn man es erst gar nicht tat, aber es ist erschreckend, wie leer und feindlich der Weltraum ist. Und wie trostlos das Leben darin.

Trostlos und öde.

Aber dennoch verlor die ganze Sache irgendwie nie ihren Reiz. Natürlich gab es Tage, in denen ich das Raumschiff und die gesamte Besatzung verwünschte. Aber sie wurden doch von anderen Zeitpunkten überragt, in denen ich spürte, dass es sich lohnte.

Solch einen Zeitpunkt durchlebte ich jetzt.

Das gleißende Licht der riesigen Sonne beschien mein Gesicht, und trotz der Schiffshülle fühlte ich fast die Wärme, die sie aussendete. Sie erschien mir wie ein warmer, freundlicher Ort; ein Ort, an dem man leben konnte.

Aber dennoch wusste ich genau, dass sie das nicht war. Nicht aus dieser Nähe und nicht mit dieser Hitze. Ich konnte die Explosionen, die auf der Sonne ununterbrochen stattfanden, fast nicht erkennen, doch ich wusste mehr als genug über sie. Sie waren tödlich.

Dieser ganze Himmelskörper war tödlich. Schon seit Tagen spürte man die Anziehungskraft, die von ihm ausging, und die Piloten mussten höllisch aufpassen, um dem Ungetüm nicht zu nahe zu kommen und zu verbrennen.

Laut Computer war diese Sonne schon vor mehreren Jahrtausenden in das Stadium des Roten Riesen übergegangen. Dies geschieht, wenn sich der Wasserstoffvorrat im Kern einer Sonne erschöpft und sie zu wachsen beginnt, weil sie den Wasserstoff nun von äußeren Schichten verbrennen muss. Dabei kann ein Stern weite Ausmaße erreichen, und meist werden dabei auch einige Planeten, die sich zu nahe an dem Himmelskörper befinden, zerstört – vorausgesetzt, der Stern hat ein Planetensystem.

Dennoch erschien mir diese Sonne beinahe friedlich – trotz der düsteren Prophezeihungen. Vielleicht, weil ich mir schon seit langem einen solchen Ort gewünscht hatte. Schon als kleines Kind hatte ich mir oft gedacht, wie schön es wäre, auf anderen Planeten zu wohnen. Diese kleine, aus allen Nähten platzende Erde, auf der mehr Roboter und Klone als Menschen lebten und die nichts als Unglück und Verzweiflung brachte, zu verlassen und endlich wieder genug zu essen zu bekommen. Dies war wohl einer der Hauptgründe gewesen, aus denen ich zur Raumflotte gegangen war.

Ich starrte aus dem Fenster.

Neben dem Stern konnte ich ein paar graue Schemen erkennen. Die Planeten! Bald würde ich sie richtig zu sehen bekommen.

Plötzlich flackerte das Licht der glühenden Sonne. Ich zuckte zusammen.

Die brodelnde Dunkelheit rings um den kleinen Stern schien sich zu verdichten, so, als wolle sie ihn verschlingen. Für eine Sekunde schlug das grelle, weiße Licht in eine gespenstische rote Farbe um. Ich riss die Augen auf, aber da war es auch schon wieder vorbei. Ich prallte zurück.

Verwundert kniff ich die Augen zusammen, öffnete sie wieder und starrte zu der gelben Kugel. Sie leuchtete ganz normal – so, wie es sich für Sterne eben gehört. Vielleicht ein bischen zu grell, aber das kam davon, dass ich meine Augen so weit aufgerissen hatte.

Was war das eben gewesen? Plötzlich ergriff mich ein unheimliches Gefühl. Irgendetwas lag in der Luft …

»Tom, wo bist du?« holte mich eine Stimme aus den Gedanken. Ich drehte mich um und sah Rick, einen jungen Burschen, mit dem ich mir meine Wohn- und Schlafkabine teilte. Er grinste schief.

»Ah, da steckst du! Sage’ mal, hast du denn keine Arbeit? In deiner Kabine stapelt sich das Papier und nimmt mir den Platz weg. Verdammt, man kann nicht mal mehr zum Bett gehen, ohne Gefahr zu laufen, irgendwo zu stolpern und sich das Genick zu brechen. Was treibst du hier eigentlich?«

Rick übertrieb wieder mal. Soviel zu tun hatte ich nun auch wieder nicht, obwohl der Papierkram – im übrigen war dies fast die einzige Arbeit, die nicht von Robotern erledigt wurde – ziemlich lästig war. Aber das war nun einmal Ricks Art, anderen klar zu machen, dass sie sich gefälligst beeilen sollten, seinen Befehlen nachzukommen.

»Komme ja schon«, knurrte ich und stemmte mich mühsam hoch. Mein Arm war eingeschlafen, ohne dass ich es bemerkt hatte. Kein Wunder, bei dieser verrenkten Haltung. Ich war so in den Anblick des Sternes versunken gewesen, dass ich nichts von dem mitbekommen hatte, was rund um mich vorging.

»Er sieht schön aus, nicht wahr?« kam es von Rick. Mein Kabinengenosse war neben mich getreten und sah über meine Schulter aus dem kleinen Fenster, das in die Schiffswand eingelassen war.

»Hm…«, machte ich und sah weg. Mit einem Mal fühlte ich mich unwohl. Rick schüttelte den Kopf. »Wer weiß, ob wir den jemals erreichen. Es gibt wieder mal Probleme.«

»So?« Langsam ärgerte ich mich über meine wenig geistreichen Antworten, aber mir fiel nichts anderes ein.

»Weiter vorne gibt’s einen Asteroidenschwarm, in den wir mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit reinkommen. Jetzt müssen sie wieder eine neue Ausweichroute berechnen. Aber wir dürften die Trümmer bald passiert haben.«

»Seltsam«, ich sah aus dem Fenster. »Warum hat man uns das nicht früher gesagt? Sowas müsste doch schon früher erkennbar sein! Die müssen ja aus dem Nichts aufgetaucht sein!«

Rick brummte nur in sich hinein und gab mir dann einen auffordernden Wink. Seufzend folgte ich ihm in die Kabine und ließ mich auf den Schreibtischstuhl nieder. Natürlich hätten wir auch Büros gehabt, in denen man die Arbeit erledigen konnte, aber der Kommandant schätzte es sehr, wenn wir unseren Teil in unseren Kabinen erledigten, die auch sehr gut ausgestattet waren.

Ich konnte mich nicht richtig auf den Papierkram vor mir konzentrieren. Immer wieder musste ich an das seltsame Erlebnis von vorhin denken. Es ging mir nicht aus dem Kopf. Irgendetwas würde passieren – ich wusste es!

Ich hatte etwas gesehen. Es war wie eine Vorahnung, eine Vision – vielleicht eine Warnung.

Ich dachte nach. Rotes, flackerndes Licht. Ich hatte das schon mal gesehen, aber ich konnte mich nicht erinnern, wo. Es hing irgendwie mit dem Roten Riesen zusammen.

Im Geiste rief ich mir das Bild vor Augen. Das Ganze hatte zwar nur eine Sekunde gedauert, aber in solchen Dingen hatte ich beinahe ein fotografisches Gedächtnis.

Zuerst war der Stern ganz normal gewesen. Jedenfalls war mir nichts Merkwürdiges aufgefallen. Dann hatte das Licht kurz geflackert, wie bei einer Kerze, wenn der Wind darüber bläst. Der Stern hatte sich vergrößert und an Fülle zugenommen und dann – schlagartig – war er rot geworden. Seltsam.

Ich beugte mich über meine Blätter. »Ich geh dann mal. Es gibt bald Essen«, verkündete Rick. Er war natürlich immer der erste beim Büffet. Ich lächelte.

»Gut. Ich komme gleich nach.«

Er ging hinaus und nach einer Weile stand auch ich auf. Ich trat ans Fenster und suchte die kleine Sonne. Sie funkelte wie immer, aber nichts geschah.

In dieser Nacht schlief ich schlecht.

Ich hatte öfters Alpträume, aber dieses Mal war es ganz besonders schlimm.

Ich träumte nur bruchstückhaft, nie eine ganze, abgeschlossene Geschichte.

Es waren Bruchstücke aus vergangenen Erlebnissen, Gedanken oder aber auch aus Geschichten, die ich gar nie erlebt hatte. Sie kamen übergangslos, schlagartig, und manchmal wachte ich zwischendurch auf und fand mich schweissgebadet und schreiend in meinem Bett. Die Nacht schien kein Ende zu nehmen. Ich war gefangen in meinen Träumen.

Dennoch schlief ich nicht wirklich. Ich befand mich in einem Dämmerzustand, der nahe an den wirklichen Schlaf heranreichte, aber eben doch nicht ganz.

Das Schlimmste war, dass ich jedes Mal das Gefühl hatte, dass dies alles real wäre. Natürlich – das hat man bei jedem Traum, werden manche jetzt sagen, aber das stimmt nicht.

Nicht so real. Es war wirklich! Irgendwo war irgendwann genau dies geschehen! Oder es passierte jetzt gerade oder würde in ferner Zukunft passieren, aber es war wirklich! Ich hatte Wahrträume. Und ich wusste es.

Dann brach alles ganz plötzlich ab. Ich wachte auf – zumindest glaubte ich es damals.

Und dann sah ich die Sonne. Sie war wieder zu dem bösartigen, roten Fleck geworden. Und sie war gewachsen! Wo vorher nur eine fußballgroße Kugel im All gewesen war, da existierte jetzt ein prall aufgeblasener Ball, fast so lang wie mein Oberschenkel. Ich keuchte.

Das Licht blendete mich. Es brannte in meinen Augen. Und dann begann ich zu schreien.

»Was ist denn hier los? Mein Gott, Tom! Was hast du?«

Ricks schrille Stimme riss mich aus meinem Alptraum. Nie hätte ich gedacht, dass ich ihm einmal wegen irgendetwas dankbar sein könnte. Aber genau das war jetzt der Fall. Ich wusste nicht, was geschehen wäre, wenn die Sonne wirklich explodiert wäre …

»G…geht schon wieder, Rick. War nur … es war nur ein Alptraum.«

Ich erhob mich schwankend und taumelte aus dem Bett. Zitternd ging ich zum Waschbecken und sah in den Spiegel. Ein hohlwangiges Gespenst mit blutunterlaufenen Augen glotzte mir entgegen. Schnell wandte ich mich ab und schüttete mir etwas Wasser ins Gesicht.

»Bist du auch wirklich in Ordnung? Mann, du hast geschrien, als würde dich der Teufel holen!« Rick klang unsicher. An jedem anderen Tag hätte ich meine reine Freude an seinem verdatterten Gesicht gehabt, aber heute erschreckte es mich nur mehr.

»Vielleicht hast du recht …«, flüsterte ich.

Ricks »Was?« ging in einem berstenden Krachen unter. Ich fuhr herum, und gleichzeitig traf etwas das Schiff. Ich wurde in eine Ecke geschleudert und brach zusammen.

Alles war wieder ruhig. Das Schiff stand still. Ich richtete mich vorsichtig auf und betastete meinen Arm. Er tat erbärmlich weh. Wahrscheinlich war er gebrochen.

»Was war das?« fragte ich.

Rick schüttelte den Kopf. »Keine Ahnung«, flüsterte er. »Die Asteroiden können’s nicht sein. An denen sind wir vorbei. Die liegen jetzt hinter uns. Wir haben das Ausweichmanöver beendet. Deswegen wollte ich dich ja holen und dann …«

Wieder krachte es, und plötzlich sah ich einen haarfeinen Riss im Boden, der sich rasch ausbreitete und kurz vor meinen Füßen Halt machte. Wir wurden beide zu Boden geschleudert, doch dieses Mal war ich trotz meines verletzten Arms gleich wieder auf den Beinen. Rick raste aus der Kabine, und ich folgte ihm.

Während wir durch den Gang liefen, wurde das Schiff von immer wuchtigeren Stößen getroffen. Die Hauptbeleuchtung war ausgefallen, und die Umgebung wurde nur mehr von den roten Alarmlampen beleuchtet, die einen gespenstischen Schein auf die Metallwände warfen. Eine schrille Alarmsirene war zu hören.

Wir waren nicht die einzigen, die durch den Gang liefen, um zur Kommandobrücke zu kommen. Überall stießen wir auf weitere Besatzungsmitglieder, die in Panik umherstürmten, und bald wurde es uns unmöglich, weiter durch den engen Gang zu kommen. Er war regelrecht verstopft. Eine Panik war ausgebrochen.

Überall hörte ich Menschen schreien.

Ächzend bahnte ich mir einen Weg, wobei ich auch von meinem gesunden Ellbogen Gebrauch machte. Dann hatten wir es geschafft, vor uns lag die Eingangstür der Steuerungszentrale.

Rick stürzte hinein. In der großen Halle wimmelte es von aufgeregten Wissenschaftlern, die durcheinanderschrieen. Ich lief zu einem der großen Pulte. Allein meiner höheren Stellung verdankte ich es, dass ich überhaupt in die Steuerungszentrale hineingekommen war. Normalerweise ließen sie die einfacheren Besatzungsmitglieder gar nicht rein. Trotzdem war der Raum voller Leute.

Plötzlich war Rick neben mir. »Was geht hier vor, Major?« fragte er einen älteren Mann.

»Wir wissen es nicht. Anscheinend sind wir in so eine Art Wirbel hineingekommen. Bis jetzt ist es uns nicht gelungen, wieder herauszufinden.«

»Nicht die Asteroiden?« fragte ich.

»Die haben wir schon längst passiert. Die sind hinter uns«, knurrte Rick.

»Wie konnte das passieren, Mister Hanson? Sie müssen doch etwas gemerkt haben. Solche Ansammlungen von Energie gehen nicht spurlos an den Computern vorbei. Was sagen die Messungen?«

»Nichts! Das ist es ja! Eigentlich dürfte es diesen Wirbel gar nicht geben, verdammt! Wir hatten keinerlei Anzeichen, dass hier irgendetwas ist, doch plötzlich …« Er machte eine Handbewegung. »Ich verstehe das nicht. Zuerst die Asteroiden, die plötzlich aus dem Nichts auftauchen, und dann das!«

»Wenn wir diesem Wirbel nicht bald entkommen, wird er das Schiff zerreißen!« schrie ich.

Plötzlich sah ich wieder diese rote Sonne vor mir, und aus meinem unguten Gefühl wurde schlagartig Angst. Irgendetwas ging hier vor, und es hatte mit meinem Traum zu tun!

Und dann wusste ich es plötzlich.

»Sir, mit der Sonne stimmt etwas nicht!« rief plötzlich einer der Techniker. Hanson eilte zu ihm.

»Es ist, als würde sie wachsen …« Die Augen des jungen Mannes wurden plötzlich groß. Er starrte auf den Bildschirm.

»Nein!«, schrie ich. Plötzlich wusste ich was geschehen würde. Ich hatte es gesehen. In meinem Traum. Er war eine Warnung gewesen.

Ich starrte auf den riesigen Bildschirm, der am Ende der Halle angebracht war. Er zeigte eine rote Sonne. Plötzlich löste sich etwas von dem Himmelskörper und raste mit unglaublicher Geschwindigkeit auf uns zu. Es war eine gewaltige Welle aus bloßem Feuer.

»Mein Gott«, sagte Rick links neben mir, und dann traf ein gewaltiger Stoß das Schiff. Ich wurde ohnmächtig.

»Tom! Tom! Jetzt wach doch endlich auf!«

Irgendwie kam mir die ganze Szene bekannt vor. Ich hatte sie vor kurzem schon mal erlebt, aber damals …

Ruckartig richtete ich mich auf. Ich sah Rick und Hanson und den jungen Techniker. Alle drei wirkten etwas verstört und blass, aber sie lebten. Die Halle brodelte. Überall schrieen Wissenschaftler durcheinander und rannten umher.

»Was … wie?? Was ist hier los? Das Feuer? Der Rote Riese. Die Sonne …«

Rick schüttelte den Kopf. »Es klingt jetzt echt blöd, wenn ich das so sage, aber es ist ein Wunder! Irgendetwas hat uns getroffen und aus der Gefahrenzone gerammt.«

»Der Wirbel?« fragte ich.

»Nein«, Rick schüttelte den Kopf. »Es war etwas Anderes. Der Wirbel hat sich aufgelöst, kurz bevor das Feuer uns erreicht hat. Wir wissen nicht, was es war. Unsere Computer haben keine Aufzeichnungen darüber gemacht.«

»Wieder mal«, knurrte ich. »Wieso hat niemand erkannt, dass diese Sonne gerade dabei war, zu einem Weißen Zwerg auszuarten? Das muss man doch erkennen!«

»Normalerweise ja«, meinte der Major verkniffen, »aber das hier! Um ehrlich zu sein, ich habe keine Ahnung. Die Computer zeigten an, dass diese Sonne im Anfangsstadium eines Roten Riesen ist, und dass sie noch mindestens ein paar Millionen Jahre hat, bevor sie ihre Außenhülle abbläst und zu einem Weißen Zwerg wird. Aber wissen Sie, wir konnten es nicht genau sagen, denn irgendetwas hat das Signal verzerrt. Irgendwie hängt alles mit diesen seltsamen Asteroiden zusammen. Ich weiß nicht, was hier passiert ist, aber wir können froh sein, dass wir noch leben … wir waren dem Stern schon ziemlich nahe. Ein paar Sekunden später, und von unserem Schiff wäre nur mehr Asche übriggeblieben.« Er schüttelte den Kopf. »Wir sollten diese Planeten in Ruhe lassen. Ich schlage vor, dass wir den Auftrag abbrechen.«

Rick und ich nickten. Mir war etwas mulmig zumute – wie schon den ganzen Tag lang – und irgendetwas sagte mir, dass diese Sache noch nicht ganz ausgestanden war.

Ich erhob mich und ging hinaus. Vor dem großen Fenster im Gang blieb ich instinktiv stehen und sah hinaus. Ich stand auf der anderen Seite des Schiffes und konnte daher die Sonne, oder besser, den Weißen Zwerg nicht sehen. Dafür erkannte ich, was hinter unserem Schiff war.

Wir hatten uns getäuscht. Es waren keine Asteroiden gewesen.

Matt spiegelte sich das Sonnenlicht auf den blanken Außenhüllen der Schiffe. Es war nur ein winziger Schimmer, aber ich erkannte ihn. Ich lächelte.

Was immer das dort draußen war, es wollte in Ruhe gelassen werden. Und dafür hatte es uns gerettet.