Lydia Scherenzel (18)

Was auf den Tisch kommt

"Mahlzeit", sagten Vater und Mutter und erhoben das Besteck. Abwartend verharrten die Hände auf halbem Weg in der Luft.

"Mahlzeit", sagte das Kind, und die Gabeln erreichten die Münder.

Leise Kaugeräusche erfüllten den Raum.

Das Kind schlug mit dem Messer an den Tellerrand, und ein Klirren zerbarst in der Luft.

"Sei still", sagte der Vater. "Pass doch auf", die Mutter. Missbilligend runzelten sie die Stirn, doch weiter wanderten die Gabeln, von Teller zu Mund, von Mund zu Teller.

"Die Kartoffeln schmecken leider vor", sagte die Mutter entschuldigend.

"Naja", meinte der Vater, "es fehlt ein wenig die Würze", und er nahm den Salzstreuer und salzte sich kräftig nach.

"Aber es ist nicht fett", sprach wieder die Mutter, "das ist das Wichtigste."

"Ja", wiederholte der Vater, "das ist das Wichtigste", und sie aßen befriedigt weiter.

Dann, plötzlich, hielten sie inne.

Das Kind hatte zu essen aufgehört und das Besteck beiseite gelegt.

Selbst die Kaugeräusche waren verstummt.

Die Mutter erbleichte, und das Gesicht des Vaters verkrampfte sich.

"Es schmeckt nach gar nichts", sagte das Kind.