Nicole Gimpl (19)

Rosen

Was ist los mit dir?

Die Rosen sind schwarz geworden. Ganz langsam berühre ich eine verwelkte Blüte und sehe zu, wie sie au die Tischplatte fällt und dort, als wäre sie aus Glas, zerbricht.

Eine Hand, ich glaube es ist deine, streichelt meine Finger. Völlig automatisch, wie auswendig gelernt erscheinen mir deine Gesten, und vielleicht deswegen spüre ich darin kein Geflühl mehr, wenn du mich küßt oder wie jetzt streichelst.

Du berührst nicht mehr mich.

Abwesend streichelst du weiter meine Finger, während du von deiner Arbeit erzählst. Halbe Wahrheiten nur, die sich kraftlos ihren Weg zu mir bahnen und schließlich an der Decke hängen bleiben.

Du sagst nichts. Bist du müde? fragst du schließlich mitten in mein Schweigen.

Ich sehe auf, direkt auf die Wanduhr hinter deinem Kopf. Ich nicke, so halb.

Es ist spät, sage ich.

Schließlich ziehe ich meine Hand unter der deinem weg und wische die welken Blüten vom Tisch.

Erzähl mir keine Geschichten von der Gegenwart, flüstere ich. Erzähl mir die Geschichte vom Anfang. Sag mir, wie es begonnen hat, damals, im Juniregen. Ich hab’s vergessen.

Deine Augen, die in letzter Zeit zu dunkel geworden sind, erhellen sich für einen Moment.

Doch dann stehst du auf, schweigend, nimmst die Vase vom Tisch und wirfst die Rosen in den Mülleimer.

ToteBlumen, sagst du nur und fluchst, als du dich an einer der Dornen stichst Danach kommst du auf mich zu und berührst kurz mein Haar mit deinen Lippen.

Auch du kannst oder.winst dich anscheinend nicht mehr an den Anfang erinnern.

Ich geh jetzt schlafen, sagst du.

Bald wirst du träumen, und wieder wird sich dieses Lächeln mit deinen Lippen spielen. Es gibt nichts, was mir solche Angst macht, wie dieses Lächeln.

Ich weiß, du träumst nicht mehr von mir.

Zu viele Nächte bin ich wach neben dir gelegen und habe dich beim Schlafen beobachtet. Zu oft habe ich, zugedeckt mit meiner Angst, dieses Lächeln gesehen.n»t

Nach einiger Zeit stehe ich auf. An der Schlafzimmerschwelle bleibe ich stehen. Und als der Lichtstrahl auf die Bettdecke fällt, beginnt sich diese zu bewegen.

Was ist los? flüstert eine Stimme in der Dunkelheit.

Ich schüttle den Kopf.

Es ist nichts, sage ich, und meine Stimme klingt ganz fremd.

Es ist nichts, was du für mich fühlst. Ich weiß es, ich habe euch gesehen, wenn auch nur in meinen Träumen.

Du gehörst nicht mehr mir.

Die Bettdecke bewegt sich wieder. Doch – so sehr ich es mir wünsche – du widersprichst mir nicht, sondern verkriechst dich in der Stille.

Kein »Ich liebe nur dich«, das die Wunden mit Honig verklebt, wie es am Anfang war. Doch Stille kann soviel erzählen.

Als ich mich neben dich legen will, stehst du auf und gehst zur Tür.

Ich schätze, ich habe dich vergessen. Ich hab dich irgendwo dazwischen verloren, gibt dein Schatten schließlich zu.

Ich glaub es ist besser wenn ich jetzt geh.

Manchmal ist es leichter zu gehen als zu bleiben, weißt du. Irgendwie hat alles keinen Sinn mehr, wenn die Rosen schwarz geworden sind.