richard bernato (15)

der ausflug

dies ist meine protestschrift oder dergleichen.
dies ist keine satire oder dergleichen.
dies ist keine ernste literatur oder dergleichen.
dies ist kein unterhaltungstext oder dergleichen.
dies ist kein bericht oder dergleichen.
dies sind keine notizen oder dergleichen.

I: die fahrt. die fahrt im zug war richtig entspannend. wir waren in der ersten klasse haben aber nichts davon bemerkt und kontrolleur gekommen ist auch keiner. wir sind geblieben und haben die zeit gelesen und sie ist auch vorbeigegangen. dann sind wir ausgestiegen und der zug ist weitergefahren und wir haben gesehen daß das wirklich ein erst-klasse-waggon war.

egal

II: klausen (chiusa). klausen ist eine stadt aber das bemerkt man nicht. der bozner versteht etwas anderes unter einer stadt. vorwiegend die seine.

in klausen gibt es ein museum und das haben wir alle besichtigt. sakrale kunst -; makaber und veraltet, darunter auch bilder aus den 20ern. auch vorbei und makaber.

III: das kloster. viel haben wir davon nicht gesehen, hatten aber einen ausblick auf das ganze tal. toll; überwältigend und auch den mühsamen aufstieg wert. der magen meldet sich und ich habe hunger. das haben wir alle höre ich.

egal

IV: der buschenschank (gasthof!!). nach einem weiteren fußmarsch der buschenschank. es riecht nach kuhmist. das merkt man aber bald nicht mehr. eine in sehr ökonomische lederhosen verpackte kellnerin nimmt die bestellungen auf, die liegewiese ist gesteckt voll von deutschen touristen. homo neckermannus und gefolge bestellen bier und alkohol. ich habe cola und knödel; muß mich aber 35 minuten gedulden bis ich zum ersten biß komme.

die knödel schmecken scheußlich.

egal

V: die klampfe (=> gitarre). in der stube des gasthauses findet sich eine klampfe. jemand kann darauf spielen. auch gut. zu beatles songs und anderen ohrwürmern werden derbe, verbale späße getrieben, vorher redete man über amerika, dann über latein, dann über menschen und dann kam der professor. jemand streichelt manisch eine katze (oder einen kater). ein »hausgebrannter« macht die runde. manche hatten schon was, S. fällt dauernd auf mich und ich muß sie auffangen. annäherungsversuche oder zu viel alkohol auf nüchternen magen?

egal

VI: der abstieg (der weg zum bahnhof). wie der hinweg auch der rückweg; aber andersrum und mit einer kleinen änderung im percours. die landschaften tyrols. rauch und diskussion über deutsche tv-sender. ich mag 3sat und die kurzfilme. niemand sonst.

egal

VII: die heimfahrt. nicht nennenswert.

das war ein schöner ausflug

14-10-rb-99

 

schwarz wie ebenholz

schwarz wie ebenholz lag der sarg und der tote auf einem wägelchen mit vier gummirollen in der mitte der kirche.

der sarg war zu und ich hätte den toten gerne gesehen; aus neugierde, weil ich noch nie einen toten gesehen habe.

die frau weinte und hielt sich ein weißes taschentuch vors gesicht und der sohn starrte unbeteiligt auf den pfarrer der den »tod dieses menschen sehr bedauerte« und seinen nachnamen dabei falsch aussprach.

in der gotischen kirche war es kalt; ich habe in kirchen überhaupt immer zu kalt.

die ganze zeit starrte mich eine unbekannte heilige hölzerne an. die blumen moderten jetzt schon vor sich hin und der pfarrer sprach noch ein letztes gebet und die männer in ihren schwarzen anzügen erhoben sich, dann die frauen, und die bänke krachten und knarrten.

vor der kirche standen dunkle autos, manche mit fahrer und der leichenwagen und ein kleinbus. der wagen mit dem toten fuhr voraus und die anderen wagen folgten im gleichen schneckentempo. am friedhof angekommen wurde der sarg von vier uniformierten ziemlich routiniert entladen.

plötzlich tauchte der pfarrer auf und führte den trauerzug mit seinen ministranten zum grab. dort stand ein weiteres wägelchen mit gummirollen bereit und der sarg wurde von den uniformierten endlich abgelegt.

der pfarrer waltete seines amtes und segnete und die ministranten versuchten traurig oder wenigstens ernst dreinzuschauen. dann teilte der sohn bildchen von dem toten aus. unter dem photo das geburts- und sterbedatum und auf der innenseite ein geistloser spruch über das »ewige leben in unseren gedanken«.

dann teilte sich die trauergemeinschaft, einige gingen einfach weg, ältere leute gingen in die kapelle auf dem friedhof und beteten einfach und die verwandten und freunde gingen ins restaurant zum leichenschmaus.

ich verzichtete auf das essen und ging heim.

27-01-rb-2000