Anselm Johannes Basilius (17)

Café Invasion

Ein trauriges, kleines Randstadt-Café. Der Name: Invasion. Es war ein Café für Schweiger, meist war es still. So waren es nur gelangweilte Blicke, die dort umherschweiften. Es gab auch nichts zu sehen.

Wer sitzt dort?

Selten verirrte sich ein Fremder in das Café Invasion. Da war es verständlich, daß, als zwei Fremde eines Montags das Café betraten, schlagartig Stille einsetzte. Die Anspannung, die Neugierde war den Stammgästen deutlich ins Gesicht geschrieben. Aber, man wartete vorerst. Die zwei Fremden setzten sich an einen Tisch in der Mitte des Raumes, was allgemein als Zeichen des guten Willens akzeptiert wurde. Doch ihre herablassenden Blicke auf das leere Kuchenbüffet mißfielen den übrigen Gästen. Verärgerte Augen musterten die zwei Fremdkörper vom Rand des Raumes. Die beiden sahen ungerührt in die Gesichter an den rechteckigen Tischen. Als der Zorn auf den Gesichtern der Verwirrung wich, lachte einer der beiden Fremden.

Er lachte noch immer, als Maden aus seinen Ohren zu kriechen begannen. Unbemerkt glitten sie über seinen Körper und an den Tischbeinen entlang zum Boden. Die meisten spürten nur ein kleines Jucken um ihre Körperöffnungen, als die Maden in sie eindrangen. Manche waren kitzlig und lachten.

Besonders interessant gingen die Maden mit dem Hausmeister von gegenüber um. Die Situation war ja dadurch erschwert, daß er zwei Köpfe hatte, da er glaubte, daß dies für den Beruf des Hausmeisters vonnöten sei. Die Maden sahen sich mit einer ganz neuen Problematik konfrontiert, die sie aber mit taktischer Raffinesse und ein wenig Hausverstand fast problemlos überwanden, indem sie sich einfach in sein Bein fraßen und so in die Blutbahn gelangten.

Dieselbe Technik wandten sie bei der Frau Knoll an. Sie wohnte im Invasion, weil zu ihrer Wohnung keine Treppe mehr führte. Da sie nicht mehr in der Lage war, Stufen zu steigen. Die meisten Gäste gingen gelassen mit ihren Maden um. Sie machten einen unbekümmerten Eindruck, einige fühlten sich von der Maden-Performance geradezu unterhalten.

Nur die Fremdlinge empörten das Café mit einer völlig unpassenden Reaktion: Sie liefen schreiend umher, während sie versuchten, sich die Maden herauszuschneiden. Courage zeigte der Hausmeister: Er zögerte nicht lange und warf die beiden Unruhestifter kurzerhand hinaus.

Nachdem sich die Lage so wieder beruhigt hatte, saßen die Stammgäste wieder in ihrer gewohnten Ruhe am Tisch. Der Stocker Hans überlegte eine Zeit lang, zog eine Made aus seiner Nase und aß sie. »Man kann sie essen«, rief er und steckte sich weitere Maden in den Mund. »Köstlich«, freute er sich.

Die anderen taten es ihm nach und es dauerte nicht lange, bis alle Maden gefressen waren. Die Köpfe der Stammgäste glichen immer mehr denen der Maden, und es bedurfte nur einiger kurzer Verdauungsminuten, ehe sie anfingen, sich gegenseitig zu verspeisen. Unter ständigen Ausrufen, wie »Köstlich«, »Vorzüglich«, wurde die Anzahl der Gäste immer geringer.

Langsam wurde es stiller im Café Invasion, und gegen Abend war nur noch der Zweitkopf des Hausmeisters vorhanden, der nach seiner Madenmutter schrie.