Christiane Scherch (11)

Verhängnisvoller Tod

"Kresch." Das war die Schultasche von dem 12 Jahre alten Kai, die in die Ecke flog. Es gab nur Ärger. In der Schule, mit den Freunden, in der Familie, einfach überall! In der Schule hatte er eine Sechs in Mathe. Und es war auch noch eine Klassenarbeit gewesen, die zu allem Überfluß auch noch 50 % zählte. Und damit stand die Sechs auf dem Zeugnis (da er sowieso nie was für die Schule übrig hatte) fest. Er hatte ja gerade mal 7 von 24 Punkten erreicht.

Dann hatte er aus Versehen eine Fensterscheibe eingeschlagen. Es war so: Kai lief gerade ganz ahnungslos durchs Klassenzimmer, als er von jemandem geschubst wurde, ins Fensterbrett stolperte . Und da ist er gegen den Blumentopf geflogen, der umgefallen ist und in das Fenster, wie sollte es anders sein, gekracht. Sowohl das Fenster als auch der Blumentopf zerbrachen in tausend Stücke. Und dann bekam er natürlich einen Tadel und Brief an die Eltern. Weil alle sagten, er habe alles mit Absicht gemacht. Sein bester Freund Kim erzählte auch nur noch Blödsinn über ihn. Und auch sonst nahmen sie keine Notiz von ihm. Und in die hübsche Susanne war er auch noch verknallt. Er hatte ihr einen Liebesbrief geschrieben, den sie zu seiner großen Enttäuschung noch allen aus der Klasse zeigte. Nun hielten sie ihn für ein Weichei. Auch Susanne hatte ihn vor dem Liebesbrief noch für halbwegs normal gehalten. Nun zählte er für sie zu den Volltrotteln.

In der Familie war totales Chaos ausgebrochen. Seine Mutter war seit etwa drei Wochen abgehauen, weil es ihr gereicht hatte, dass Kais Vater nur noch trank und rauchte. Das ganze Geld, das sie mühevoll verdient hatte, verpaffte und vertrank er. Außerdem hatten sie sowieso vorgehabt, sich scheiden zu lassen.

Oma und Opa waren seit seiner Geburt tot. Und sonst kannte Kai keine Verwandten. Sein Vater war grausam zu ihm und auch oft ziemlich gewaltanwendend. So kam es, dass er, wie so oft schon, abends aus der Kneipe kam, wo sich schon ein Riesenberg Schulden gesammelt hatte. Und weil er so schrecklich betrunken war, wußte er soundso nicht, was er tat. Und sperrte Kai im Keller ein. Kai wehrte sich zwar gewaltig, aber der Vater jagte ihn mit einer großen Tracht Prügel dann doch noch in den Keller.

So saß Kai viele Stunden im Keller und schrie durch die Tür: "Ich will hier raus, du alter betrunkener Greis!"

Als er merkte, dass er vergebens rief, schlug er wild entschlossen die Fensterscheibe des Kellers mit dem alten Besen ein. Der Vater merkte das nicht, denn er war auf dem Weg zum Fernseher über eine herumliegende Bierflasche ausgerutscht, und war jetzt bewußtlos auf dem Teppich eingeschlafen.

Kai machte sich auf den Weg. Wohin wußte er nicht. Wahrscheinlich auf den Weg in den Tod. Denn Kai wollte nicht mehr leben. Es ging ihm so dreckig, dass er kaum noch gehen konnte.

Er ging also weiter und wußte nicht, wohin. Nun stand er, ohne es zu merken, auf der Brücke, und schaute in das klare Wasser. So stand er noch lange. Er wollte seine Probleme beseitigen, aber wie? Er konnte es einfach nicht mehr schaffen, das mußte er einsehen. Sein Leben war vollkommen im Eimer, da konnte man nichts mehr retten. Also fasste er einen Entschluß. Er griff in seine rechte Hosentasche und zog sein Taschenmesser heraus. Er öffnete vorsichtig die Klinge. Und dann schnitt er sich die Pulsader auf. Mit letzter Kraft kletterte er über die Brücke. Und stürzte dann in den Tod. Er hielt es für die beste Losung.

Es vermißte ihn aber niemand . Und so geriet das Ganze in Vergessenheit.

 

 

Sonnenuntergang

Langsam kommt das Dämmern heran,
noch ist es hell,
aber dann
dunkelt es schnell.

Jetzt kommt das Dunkel aus dem nichts hervor,
und überfällt das Land,
ein Stern öffnet zur Nacht das Tor,
auch der Wind bläst kühl in des Abends Hand.

Auch der Mond schaut aus dem Himmelreich,
doch Wolken lassen ihn nicht in Ruh’,
und da verschwindet er sogleich,
nur die Sterne sehen zu.

Die Sonne ist nun untergegangen,
schon lange hat sie uns verlassen
die Sternlein, die am Himmel prangen
können ihr Glück noch gar nicht fassen.

Die Himmelsfront gehört nun ihnen ganz allein,
zwar nur zwölf Stunden
denn die Sonne will auch noch zu sehen sein,
sie dreht jetzt emsig ihre Runden.

Doch am Morgen kommt sie wieder,
da müssen die Sterne den Himmel räumen,
die Sonne läßt sich auf ihrem Platz nieder,
wo die Sterne wieder träumen.

 

 

Altweibersommer

Die Spinnweben verteilen sich im Garten
der Nebel schleicht im Wald umher
die Amseln auf die Sonne warten,
die Wolken machen’s ihr heut’ nicht schwer.

Der Sommer kommt noch mal zurück,
die Wiese ist zwar noch etwas naß,
das Thermometer klettert Stück für Stück
der Tau, er trocknet im grünen Gras.

Die Sonne steht schon ziemlich hoch,
als ein kleiner junger Hase
aus seinem Kaninchenbau raus kroch
und schnupperte am grünen Grase.

Zu dieser frühen Morgenstunde,
den frischen Tau schleckend,
drehte auch ein Fuchs seine Runde,
für einen Hasen sehr erschreckend.

Ein warmer Tag wird es heut’ werden,
angenehm, nicht zu kühl, nicht zu warm,
vielleicht der schönste hier auf Erden,
der schönste hier für Reich und Arm.