Martina Gütl (12)
Es trug sich einmal auf der Riegersburg, die sich in der Steiermark befindet, zu, dass sich die Verlobte des Fürsten Kunigunde in einen jungen Ritter verliebte. Sie gestand ihm seine Liebe, und auch Leopold war ihr nicht abgeneigt, doch er dachte an den Schwur, den er abgelegt hatte, als er den Ritterschlag empfing. Er würde seinem Herren und Gebieter immer treu bleiben und sich nie gegen ihn stellen.
Das ging einige Zeit so weiter, doch dann konnte er Kunigundes Liebe nicht mehr verschmähen, war sie doch so schön, wie ein Röslein, und zart, wie ein junges Lämmchen.
In jeder Vollmondnacht trafen sie sich beim Burgbrunnen, ständig von der Angst gequält, der Fürst könnte dahinter kommen. Das funktionierte auch, bis eines nachts Apollonia, Kunigundes beste Freundin und Kammerzofe, das Pärchen entdeckte. Nie hätte sie es weitergesagt, doch die Kammerzofe war so erbost darüber, dass Kunigunde, trotz ihrer so lang dauernden Freundschaft, ein Geheimnis vor ihr gehabt hatte, dass sie mit flinken Füßen zum Fürsten eilte.
Geblendet vor Wut über die mangelnde Treue seiner Verlobten Kunigunde, ließ er sie in ihr Gemach einsperren. Den Ritter warf man in das finsterste Eck das Burgverließes. Dort sollte er bleiben, bis er an Hunger und Durst sterben würde.
Jetzt könnte die Geschichte eigentlich zu Ende sein, doch dies war sie keinesfalls.
Denn das Fräulein Kunigunde flehte und bat so lange um nur eine einzige Chance mit ihrem Geliebten doch noch an einem anderen Ort weiterleben zu dürfen, dass sich der Fürst ihrer erbarmte. Schließlich liebte er sie noch immer. Trotzdem dachte er nicht im Traum daran, Leopold seine Freiheit zurückzugeben. Doch es musste so aussehen, als hätte er ihm eine Möglichkeit gegeben. So besann der Fürst sich einer List.
"Ich werde dir, Leopold, Ritter der Riegersburg, zwei Nüsse zur Auswahl stellen. In einer ist ein kleines Stück Gold, die andere ist leer. Entscheidest du richtig, darfst du mit Kunigunde wegziehen, und ich werde eurem Glück nicht mehr im Wege stehen, hältst du aber die leere Nuss in Händen, so wirst du am Galgen gehängt, und Kunigunde ist für alle Zeiten mein!" sprach er zu Leopold.
Hinter seinem Rücken hielt er zwei Nüsse. Der Fürst musste sich überwinden, ernst zu wirken und nicht zu lachen. Leopold würde verlieren, er konnte gar nicht gewinnen, da beide Nüsse leer waren. Dies ahnte der junge Ritter und nahm blind eine der beiden, dann forderte er den Fürsten auf, die andere zu öffnen.
Dieser begann zu rasen und brüllte: "Na Bürschchen, hältst dich wohl für besonders klug, nicht!?" Und er schlug Leopold ins Gesicht. Doch dann sah er ein, dass, wenn der Betrug ans Tageslicht kommen würde, sein guter Ruf für immer geschädigt wäre.
So musste der hohe Herr die beiden wohl oder übel ziehen lassen. Auch hielt er sein Versprechen und verfolgte sie nicht, dass sie fröhlich bis an ihr Lebensende die Jahre zusammen verbringen konnten.