Melanie Gerhold (11)

Gräfin Auguste

Die Blätter fielen von den Bäumen. Es war Herbst.
Gräfin Auguste saß im Jahre 1883 im Herbst vor ihrem Schloss. Die Sonnenstrahlen kitzelten ihre Nasenspitze. Ihr Diener bediente sie mit Gemüse, Gemüse und nichts als Gemüse!
Da Gräfin Auguste nicht immer nur Gemüse essen wollte, jammerte sie ihren Diener voll: "Warum bringen Sie mir immer nur Karotten zum Essen? Ich bin doch kein Hase! Gibt es denn keine Törtchen?"
"Bedaure!" sagte der Diener, "Aber Ihr Vater hat mir befohlen, Ihnen immer nur gesundes Essen zu bringen!"
Jetzt wurde Gräfin Auguste wütend, und sie stampfte mit dem Fuß so fest auf, dass der Gartentisch umfiel. Das Gemüse, das darauf stand, kollerte zu Boden. Das war doch unerhört!
"Ich bin schon 30 Jahre alt, Sie Blödmann! Wann sagte er es denn zu Ihnen?"
"Vor 20 Jahren ..."
"Jetzt reicht's!" Gräfin Auguste nahm ihr überlanges Kleid in die Hände und marschierte aus dem Garten. Dabei stieg sie in die Schüssel mit dem Spinat, die vom Tisch gefallen war.
Laut schimpfend stand sie dann endlich auf der Landstraße, gefolgt von einem laut schimpfenden Diener. Gerade da kam ein Taxi vorbei. Gott sei Dank! Jetzt konnte ihr der Diener nicht mehr folgen! Schnell stieg sie ein. "Fahren Sie mich bitte zum Grazer Hauptbahnhof!"
Das Taxi fuhr los. Als es drei Kilometer weit gekommen war, fiel Gräfin Auguste ein, dass das Taxi ja noch gar nicht erfunden war! In diesem Moment saß sie wieder auf der staubigen Straße. So ein Mist! Jetzt konnte sie laufen! Und sie lief dann auch wirklich. Sie lief und lief, bis sie in Graz war. Dort setzte sie sich nachher total außer Atem auf die Straße. Aber was war denn das? Da kam doch ... eine Straßenbahn!
"Hilfe!"
Die anderen Leute waren starr vor Schreck. Denn da wurde die arme reiche Frau überfahren! Und dann war Gräfin Auguste tot! Das dachte sie sich zumindest. Aber da ging ihr das Licht auf, dass es ja auch noch keine Straßenbahn gab! Sie konnte also noch gar nicht tot sein! Erleichtert stand sie auf, gefolgt von den Blicken erstaunter Menschen.
Und dann ging sie zum Hauptbahnhof, weil sie ja glaubte, dass es dort Törtchen gab. So gescheit war die Gräfin also!
Während sie ging, kam sie bei einem Süßigkeitengeschäft vorbei. Mit ihrem ganzen Geld kaufte sie den halben Laden leer.
Beladen mit ganz vielen Taschen ging sie dann nach Hause.
Und dabei aß sie alles auf.
Hmm ... Das schmeckte gut!
Aber als sie nach Hause kam, hatte Gräfin Auguste Zahnweh!
Autsch!