Lorenz Müller (13)

Fantastik

Klaus ging durch den Keller. Spinnweben hingen von den Wänden, und Wasser tropfte an ihnen hinab. Er wusste, dass es hier ein Portal in eine Fantasiewelt gab. In jedem alten Keller gab es schließlich eins. Vorsichtig ging er noch einige Schritte weiter. Da stand er vor einer großen kupfernen Schüssel. Das ist sicher das Portal, dachte er sich. Jetzt musste er es nur noch durch einen Zufall öffnen und dann hindurchfallen.

Unabsichtlich trat er gegen den Rand der Schüssel. Ein grünes Leuchten bildete sich in ihr. Er beugte sich hinunter, um genauer zu sehen, was sich hinter dem Portal befand. Er sah eine grüne weite Wiese, auf der sich die Gräser in einem sanften Wind bogen. Interessiert beugte er sich weiter hinab. Doch plötzlich, absolut unerwartet, ganz ohne Vorwarnung, verlor er das Gleichgewicht und fiel durch die Schüssel. Zu seiner Überraschung befand er sich jetzt nicht auf der Wiese, sondern in einem finsteren Kerker. Käfer krabbelten ihm über die Haut, bis er sie abstreifte, und das Wasser fiel ihm von der Decke auf den Kopf. Wie in jeder Fantasiegeschichte zwickte er sich in den Arm, und wie in jeder Fantasiegeschichte spürte er den Schmerz und war sich nun sicher, dass er nur träumte.

Ein buckliger hässlicher Mann kam durch die Tür und deutete Klaus mit den Händen, ihm zu folgen. Sie kamen von dem Keller in ein altes, prächtiges Schloss. Nach einer Weile hatten sie dann den Thronsaal erreicht. Und dort auf dem Thron saß …

ein ganz böser Magier mit einer schwarzen Robe, grünen, selbstverständlich mitleidlosen Augen und einem weißen Stab in der Hand.

»Du bist also Klaus«, sprach der Magier mit abgrundtief böser Stimme.

Klaus zitterte schon voller Vorfreude. Gleich würde der Magier ihm sagen, dass er eine mächtige Gabe in sich trüge, mit der er ihn aufhalten könnte.

»Du musst wissen, Klaus«, sprach der Magier, »du trägst eine alte Gabe in dir, mit der du mich aufhalten kannst. Aber da du noch nicht in ihr ausgebildet bist, kann ich dich nun leicht töten!«

Der Magier hob den Stab und begann unverständliche Worte zu murmeln. Ein schwarzer Strahl löste sich aus der Spitze des Stabes und flog auf Klaus zu. Doch im letzten Moment warf sich Klaus’ Mutter dazwischen. Bevor der Strahl sie pulverisierte, rief sie noch: »Lauf, Klaus!«

Klaus erster Gedanke, der mit dem Tod seiner Mutter zusammenhing, war: Wo kommt die denn her? Der zweite war: Wer macht mir jetzt Frühstück? Der dritte schlussendlich war: Ich bin ganz traurig, dass Mutter tot ist.

Der Magier schoss einen weiteren Strahl ab. Doch jetzt war Klaus vorbereitet. Er warf sich zur Seite und lief dann aus dem Thronsaal. Hinter sich hörte er den Magier schreien: »Hol ihn zurück, hässlicher buckliger Mann!« Klaus lief und lief. Und schließlich hatte er das Tor erreicht, das glücklicherweise offen stand.

Er rannte hinaus und sah, dass dort bereits die Heerscharen des Guten warteten. Er drehte sich um und führte sie in die Burg. Sie eroberten die Burg und erschlugen den Magier mithilfe von Klaus’ Gabe. Dann bedankten sich alle bei ihm, und er ging durch eine Kupferschüssel zurück in seine Welt.

Dort nahm er den Apfelsaft, den er holen sollte, und brachte ihn seiner Mutter, die wieder am Leben war.