Nanda Laube (12)

Lange Reise mit der Bahn

Tina und Timo wollen ans Mittelmeer. Da ihre Mutter den Vater nicht wieder sehen will, seit er nach Palermo gezogen ist, müssen sie mit dem Zug fahren.

Im Bahnhof in Kiel meint die Mutter zu den Kindern: »Benehmt euch gut! Streitet nicht! Seid gute Kinder! Die Reise von Kiel bis nach Sizilien ist weit! Deswegen schlaft viel! Lasst euch nichts klauen …!«

»Schon gut Mutti!«, beruhigt Tina ihre Mutter, »Wir werden gut dort ankommen und dich sofort verständigen, wenn etwas passiert.«

»Der Zug nach Rom fährt in zehn Minuten auf Gleis fünf. Ich wiederhole …«, kam aus den Lautsprechern eine Durchsage.

»Ihr wisst, dass ihr, falls ihr etwas zu Essen wollt, Geld fürs Bordbistro von mir bekommen habt. Tschüss!«, rief Mutter den beiden Kindern nach.

»Jaja!«, brüllte Timo zurück.

Im ICE schrieb Tina einen Brief:

Liebe Mutter,

wir freuen uns schon auf Papa. 10 Monate haben wir ihn nicht gesehen. Ich schreibe dir jeden Tag einen Brief, außer ich vergesse es. Vorhin war der Kontrolleur da und hat unsere Fahrkarten kontrolliert. Er hat uns ein Eis aus dem Bistro geschenkt. Timo nörgelt. Ich finde es doof, dass ich auf ihn aufpassen muss. Er ist alt genug, um auf sich selber Acht geben zu können. Wir kommen gleich nach Hamburg.

Jetzt sind wir durch Hamburg durchgefahren. Es wird schon dunkel. Timo wird müde.

»Herr Schaffner, ich brauche ihre Hilfe! Ich bekomme das Bett nicht ausgeklappt!«, kommt Tina in das Schaffnerabteil.

»Jaja, ich komme schon! Welches Abteil bist du? Aha, die Fünfzehn. Komme gleich«, antwortet der.

Der Schaffner hilft Tina, und Timo legt sich schlafen. Tina schreibt ihren Brief weiter:

Timo schläft jetzt. Hoffentlich lange. Ich möchte nicht immer sein Kindermädchen sein. Ich bin selber noch nicht alt genug. Du behandelst mich selber noch wie ein kleines Kind. Denkst du, ich mag Anna? Du weißt doch, dass das Papas neue Freundin ist. Sie soll nett, schön, schlank und schlau sein. Hat Vater jedenfalls in seinem letzten Brief geschrieben. Ich schreibe dir Weiteres später, denn ich bin müde. Deine Tochter Tina

Tina legt sich schlafen. Am nächsten Morgen wachen die beiden Kinder von quietschenden Bremsen auf.

»Wir sind in Frankfurt«, ruft Timo, der am Fenster steht, seiner Schwester zu.

Da kommt eine alte Frau ins Zugabteil und fragt: »Ist hier noch Platz?«

»Natürlich. Warten Sie, ich helfe Ihnen mit ihrem Koffer«, sagt Tina.

»Hallo erstmal, ihr zwei. Ich bin Elfriede Meier und 86 Jahre alt. Ihr könnt mich ruhig duzen. Ich habe nur einen kleinen Fehler, ich hoffe der stört euch nicht, ich quassle ziemlich viel. Kann einfach nicht den Mund halten. Ihr seid so still, seid ihr krank? Man müsste den Arzt aufsuchen.«, redet die alte Frau los.

»Es stört uns nicht, wenn Sie hier sind, doch wir müssen nachdenken. Deswegen seien Sie bitte etwas ruhiger«, unterbricht Tina sie. »Jaja! Wisst ihr, mein Sohn ist Zugführer und er hat heute Geburtstag. Er liebt Überraschungen, wisst ihr. Er wäre so gerne bei mir und dem Rest der Familie. Es ist eine Gemeinheit, dass er heute arbeiten muss. Na ja … Oh, da kommt er ja!«, quasselt Elfriede wieder.

»Die Fahrkarten bitte … Mutter? Was machst du hier? Was für eine Überraschung!«, ruft der Schaffner vor Freude.

»Happy Birthday to you …«, singt Elfriede ziemlich schief, »Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag, Sohnemann.«

»Mutter, ich muss weiter kontrollieren«, sagt der Schaffner.

»Seht ihr? Er hat sich wirklich sehr gefreut. Ach ja, ich quassle ziemlich viel«, redet Elfriede.

Auf einmal geht ein Ruck durch den Zug und eine Durchsage kommt durch die Lautsprecher: »Dies ist ein außerplanmäßiger Halt, da uns ein Schnellexpressgüterzug entgegen kommt. Wir kommen ein paar Minuten später in München an.«

Eineinhalb Tage später kommen Tina und Timo in Civitavecchia an und steigen in eine Fähre um. Diese bringt sie nach Palermo, wo ihr Vater schon sehnsüchtig auf sie wartet. Kurz darauf schreibt Tina ihrer Mutter ein Telegramm:

Gut – angekommen – Stopp – Vater – grüßt – Stopp – Uns – geht’s – gut – Stopp – Tschüss – Stopp – Tina – Stopp – und – Timo – Stopp