Lena Bodner (12)

s‘ Dörfle

Eines Tages ging Tim mit seiner Freundin Maggi aus. Die beiden Studenten wanderten in den Büdinger Wald.

Über lauter interessanten Gesprächen vergaßen sie die Zeit und gingen ganz tief in den Wald hinein. Als sie das merkten, wollten sie umdrehen, doch dann sahen sie irgendwo mitten im Wald Rauch aufsteigen. Ein Waldbrand? Oder ein Mensch, der ein Feuer angezündet hat? Die beiden erkundeten dies sofort. Sie kamen zu einem hohen Holzzaun mit einem Holztor. Maggi wollte weggehen, da ihr das unheimlich war, doch Tim klopfte an das Tor. Ein jüngerer Mann öffnete. Er war mit einer altmodischen, löchrigen Lederhose bekleidet und sah sie an, als ob sie aus einer anderen Welt kämen. Dann zeigte er auf Maggi, die eine kurze Hose und ein enges, bauchfreies Leiberl anhatte.

»Wer seid ihr und wo kommt ihr her?«, fragte er.

Tim sagte schnell: »Wir kommen aus Gelnhausen und wollen wissen, was das hier ist«.

Der junge Mann schaute ihn mit noch größeren Augen an und eine alte Frau, die hinter ihn getreten war, meinte mit einer Gemütsruhe: »Na, s’ Dörfle halt, kommt’s rein«.

Drinnen sahen die beiden viele Holzhäuser, die um einen runden Platz mit einem Brunnen in der Mitte gereiht waren. Ein paar Leute in Kleidung, die um 1900 getragen wurde, holten Wasser oder klopften auf den aufgestellten Teppichstangen Teppiche aus. Maggi flüsterte Tim zu: »Dörfle habe ich noch nie gehört, und sieh mal diese altmodische …«. Weiter kam sie nicht, denn die alte Frau zog sie in eine Hütte und sagte dabei: »Wenn´st mit dem G´wand zum Bürgermeister kommst, geht’s dir nimmer gut.« und gab ihr ein altes, zerschlissenes Dirndl. Maggi lehnte höflich ab und sah sich dabei in der Stube um. Ein Holzofen, zwei Petroleumlampen, ein Tisch mit drei Stühlen und einer Küchenbank und eine offene Tür, hinter der ein schmales Ehebett stand.

Dann ging sie hinaus, weil sie die Leute fragen wollte, ob sie etwas für sie zu Essen hatten. Dort sah sie, dass Tim gerade mit den Leuten verhandelte. Als sie näher kam, drehte er sich zu ihr um und sagte: »Maggi, ich glaube, wir haben ein Dorf entdeckt. Die Leute hier sagen, dass sie seit mindestens 80 Jahren keinen Besuch mehr bekommen haben.«

»Die Kamera ist abgeschaltet und der Film ist vorbei, hör auf zu scherzen.«

»Aber ich scherze nicht, das ist wirklich so!«, verteidigte Tim sich.

»Wirklich?« fragte Maggi misstrauisch.

Da schob der Bürgermeister sich dazwischen und meinte, die beiden wären sicher hungrig und beim Essen könnten sie über die Welt um das Dorf und sich berichten. Ein paar junge Mädchen trugen Geflügel auf und stellten es auf den Tisch. Gierig nahm Maggi sich ein Stück und biss hinein. Der Bürgermeister meinte: »Gut schmecken unsere Tauben, was?« Maggi presste sich die Hand vor den Mund und lief weg.

Tim eilte ihr nach und meinte: »Es waren ja nur Tauben«.

Maggi erwiderte: »Nur Tauben! Bei diesen Wilden bleibe ich keine Minute mehr. Ich gehe!« Damit drehte sie sich um und steuerte auf den Ausgang zu. Tim wollte sie zurück halten, folgte ihr dann aber doch. Die beiden hatten keinen Orientierungssinn mehr und liefen daher immer weiter in den Wald hinein. Plötzlich sahen die beiden wieder Rauch aufsteigen. Maggi ließ sich auf den Waldboden fallen und meinte: »Nicht schon wieder gebratene Tauben!«