Lisa-Maria Schantl (9)

Das geheimnisvolle Fest

Der Schutz der Magie

Heute, also am Samstag, sollten Miriam und ich zum Roten Busch kommen. Herr Melanie, Miriams Onkel, hatte uns dorthin bestellt. Miriam gab mir noch ein paar Tips über ihren Onkel. »Er glaubt an Geister und Magie!« sagte sie geheimnisvoll zu mir.

Um 23 Uhr war Treffpunkt. Miriam und ich waren pünktlich dort. Herr Melanie hatte seine Unterlagen vergessen, deswegen kam er etwas später. Als er endlich beim Roten Busch war, ging er hinein. (Der Rote Busch ist eine verfallene Hütte im Kronengeistwald.) Miriam und ich folgten Herrn Melanie.

Im Roten Busch sah es ziemlich unheimlich aus. Es hingen Spinnennetze von der Decke, und die Möbel hatten tausend Löcher. Wir drei waren sehr erschrocken, als wir uns umgeschaut hatten. Es schien so, als wäre Herr Melanie noch nie hier gewesen. Doch bald änderten Miriam und ich die Meinung, denn Herr Melanie löste sich plötzlich in Luft auf.

Wir waren sehr erschrocken, als Miriams Onkel auf einmal hinter uns stand. Und zwar nicht wie vorher. Nein! Er hatte einen roten Umhang und ein weißes Hemd an. Die schwarze Hose, die er trug, war mit Spinnen geschmückt. Miriam hatte Angst vor Spinnen und versteckte sich hinter mir.

Da sagte Herr Melanie zu uns: »Hallo! Endlich lerne ich euch mit Angst und Furcht kennen! Aber ich bitte euch. Den, den ihr vor euch seht, ist doch nur der Herrscher der schwarzen und bösen Magie! Ihr könnt euch nur mit dem Stein des Glücks und der hellen Magie retten. Wo der Stein ist, weiß ich leider nicht!« Da begann er so höhnisch zu lachen, dass ich Miriam an der Hand nahm und in den Kronengeistwald flüchtete.

Wir mussten den Stein finden! Das wussten wir beide ganz genau. Als ich einen Schlupfwinkel sah, der leider nur aus dürren Zweigen bestand, kroch ich hinein. Miriam hatte zu erst Angst, dass ihr Gewand schmutzig werden könnte, und wollte nicht in die kleine Höhle aus dürren Zweigen. Doch als sie Schritte hörte, kroch auch sie herein. Wir waren uns ganz sicher, dass diese Schritte Herrn Melanie gehörten.

Als er vorbei gegangen war, krochen wir heraus und rannten zu den Anakariesfelsen. Wir kletterten so hoch wie möglich auf die Felsen. Und wirklich! Ganz oben sahen wir ein Glitzern.

»Das ist der Stein!« sagte ich zu Miriam. »Diesen Stein hab’ ich in meinem Buch gesehen!« fügte ich noch schnell hinzu. Dann nahm ich den Stein und rieb dreimal daran (so wie es in meinem Buch stand).

Da erschien ein Geist. Er schien ganz friedlich zu sein. Der Geist lud uns zu einem Fest in Gangena ein. Warum, wussten wir nicht, und lehnten deshalb ab. Der Geist aber blieb bei uns. Er wollte uns beschützen, und nahm deshalb Herrn Melanie die Zauberkraft weg. So waren wir wieder in Sicherheit vor bösen Magien. Denn die gute Magie beschützte uns ja!

 

Der Dämon von Herrn Melanie erscheint

Heute war wieder ein ganz normaler Tag. Es war Sonntag. Ich stand ganz normal auf, ging frühstücken, putzte meine Zähne und zog mich an. Ich wollte schon zur Kirche gehen, da stellten zwei Männer einen Lautsprecher auf den Gehweg. Als ich die Männer fragte, warum wer etwas durchsagen wollte, sagten sie bloß: »Wir dürfen nichts verraten!«

Da sah ich ein Kabel, das am Lautsprecher befestigt war. Ich folgte ihm. Das Kabel führte an Miriams Haus vorbei. Ich hatte ihr versprochen, dass ich sie abholen würde. Ich ging ins Haus hinein. In der Küche lagen Stühle quer über den Tisch und auf dem Boden. Die Vorhänge waren zerrissen und die Schränke waren umgekippt. Ganz hinten in einer Ecke saß Miriam.

Voller Angst sagte sie zu mir: »Der Dämon von meinen Onkel war da. Er hat meine Eltern und meinen Bruder Felix mitgenommen!«

»Komm mit«, sagte ich ruhig zu ihr.

Miriam stand langsam auf. Vorm Haus zeigte ich ihr die vielen Lautsprecher und das Kabel. Nun folgten wir beide ihm. Es führte in die Kirche hinein. Und da war er! Miriams Onkel! Nein! Nicht der Onkel! Der Dämon von Herrn Melanie! Er wollte gerade das Mikrofon in die Hand nehmen, da kam ein junger, netter (zumindest schien er nett zu sein) Junge aus der Sakristei.

Miriam flüsterte mir zu: »Das ist doch mein Bruder!«

Der Junge brachte dem Dämon ein Getränk.

»Ja! Jetzt kann ich endlich meine Kräfte zurückgewinnen! Ich werde der Herrscher über die ganze Welt werden!« rief der Dämon laut.

Als er das Glas mit dem Kräftetrank zum Mund bewegte, lief ich schnell zu ihm, riss ihm das Glas aus der Hand und schmiss es aufen Boden. Weil der Dämon keine Kräfte hatte, konnten die Familie von Miriam und ich ihn unbeschwert fesseln. Nun waren wir eine Weile sicher vor dem Dämon! Ich wollte ihn noch nicht ganz besiegen, denn ich wusste noch nicht wie!

 

Der Orden der Magie

Am Montag dachte ich angestrengt darüber nach, wie ich Herrn Melanies Dämon und ihn selbst besiegen konnte. Da fiel mir ein Zaubertrank ein. Schnell holte ich Miriam, die gestern bei mir übernachtet hatte. Miriam holte ein Vanillekraut und einen Blumensamen. Ich besorgte ein Flusswasser und drei Rosenblätter. Das Flusswasser füllten wir in einen großen Kochtopf. Den Blumensamen zerkleinerten wir so gut wie nur möglich. Den zerkleinerten Blumensamen vermischten wir mit der heißen Milch. Dann schütteten wir sie in das Flusswasser mit den Rosenblättern. Das Vanillekraut schnitten wir in gleich große Streifen. Danach gaben wir es auch in den Kochtopf. Nun musste alles ein wenig kochen. Währenddessen überlegten wir, wie wir es dem Dämon geben sollten.

»Ich weiß, wie!« schrie ich nach einer Weile. »Miriam! Du verkleidest dich als alte Frau, und ich verkleide mich als dein Mann!« schlug ich vor.

Miriam war damit einverstanden.

Als der Zaubertrank genug gekocht hatte, schütteten wir ihn in einen Krug. Ich holte ein Tablett und ein schönes Glas.

Miriam zog sich schnell als alte Frau an. Ich schlüpfte in den Anzug von Miriams Bruder.

Nun gingen wir zur Kirche. Miriam trug das Tablett mit dem Krug und mit dem Glas. In der Kirche gingen wir langsam zum Altar, wo der Dämon stand. Wir wussten genau: Wenn der Dämon stirbt, stirbt auch Onkel Melanie.

Der Dämon schaute etwas verdutzt drein, wie wir zu ihm kamen.

»O! Gütigster und mächtigster Herr! Wir bringen eine Erfrischung im Auftrag von euren Männern!« logen wir.

Mit schrecklichem Blick nahm der Dämon das Glas und schenkte sich den Zaubertrank ein. Langsam führte er das Glas zum Mund. Und! Er trank es aus.

Plötzlich fiel er um und löste sich in Luft auf. Da erschien der Geist von Gangena.

»Nun kommt aber! Jetzt habt ihr euch ein Fest verdient!« sagte er zu uns. Er hob uns mit seinen Augen auf und nach einem Schnipsen waren wir in Gangena. Umgeben von guten Geistern. Der mächtigste der Geister war eine Hexe.

»Ihr habt einen Orden der guten Magie gewonnen!« rief sie fröhlich.

Miriam bekam einen Pokal, und ich bekam den Orden. Dann wurde ein großartiges Fest gefeiert.

Als wir wieder zu Hause waren, dachten wir uns: Das war wirklich ein geheimnisvolles und schönes Fest. Oder alles nur ein Traum?