Jannis Kaiser (13)

Hinter den Kulissen

Als Michael Jung vorletztes Jahr unser Trainer war, spielten wir unsere beste Saison. Benni, unser Topstürmer, schoss pro Spiel zwei bis drei Tore. Dass die Mannschaft vor jedem Spiel sehr motiviert war, machte auch viel aus. Am Ende der Saison erreichten wir schließlich den dritten Platz in der Bezirksliga. Zum krönenden Abschluss schlugen wir im Finale die JSG Großenbuseck und wurden Kreispokalsieger. Leider verließ uns Benni nach dieser Saison und wechselte zur Oberliga: zum VfB Gießen. Nun verbreitete sich eine gewisse Unruhe in der Mannschaft, weil Benni versucht hatte, Leute mit sich zu ziehen zum neuen Verein. Gerüchte verbreiteten sich und vor dem Spielen sagten manche, dass wir keine Chance hätten. Wir waren keine Mannschaft mehr, sondern jeder sorgte nur noch für sich. Wir waren einfach nur elf Spieler auf dem Platz.

Als ich eines Tages bei meinem besten Freund Simon war, meinte er kurz vor Trainingsbeginn zu seiner Mutter: »Wenn du uns heute Abend vom Training abholst, kannst du es ja dem Trainer mitteilen.«

Viele Sachen gingen mir durch den Kopf. Was sollte das denn bedeuten? Neugierig fragte ich: »Darf ich wissen wovon ihr redet oder ist das geheim?«

Darauf antwortete Simon: »Irgendwann muss er es ja auch mal wissen, oder, Mama?«

Seine Mutter nickte und sagte: »Also gut: Bei Simon besteht Interesse, den Verein zu wechseln und beim VfB Torwart zu werden.«

Ein blitzartiger Schmerz zog sich durch meine Glieder bis in die Zehenspitzen. Ich war zutiefst erschüttert, so dass die weiteren Worte an meinem Ohr vorbeirauschten.

In den folgenden Trainingseinheiten bekamen manche Spieler Wind von Nicos Plan, und ein Spieler namens Alex verbreitete neue Unruhe mit der Frage: »Und, Simon, wann wechselst du zum VfB?«

Simon wurde immer öfter von einigen Jungen gehänselt und einmal rannte er heulend weg. Mir war klar, dass er den Verein verlassen würde, obwohl er versuchte, es geheim zu halten. Und so geschah es. Simon und ein anderer Spieler verabschiedeten sich zu Ende der Saison.

Unsere Mannschaft der nächsten Spielrunde, die C-Jugend, setzte sich aus den Geburtsjahrgängen 1989 und 1990 zusammen. Außer mir waren nur noch drei Ältere im Kader. Tag und Nacht zerbrach ich mir den Kopf. Wie sollte es weitergehen? Sollte ich etwa auch wechseln? Dann wäre ich wieder mit meinen besten Freunden zusammen. Aber die JSG Kinzenbach im Stich lassen? Könnte ich das? Als ich dann noch hörte, dass ein weiterer Spieler aus meinem Jahrgang wechseln würde, war mir erst recht zum Heulen zu Mute.

Schließlich wurde ich von unserem Trainer zum Mannschaftskapitän vorgeschlagen. Nach einer gewissen Bedenkzeit sagte ich zu und nahm die große Herausforderung an. »Wie es wohl mit der Wechselei weitergehen wird?« frage ich mich jetzt und lasse ich die neue Saison auf mich zukommen …