Annick Geissbühler (10)

Die Entscheidung

Sie war die Neue in der Schule. Irgendwie war sie total anders. Sie stand eines Tages einfach da. Sie war ein eher schmächtiges Mädchen mit roten Haaren und schönen grünen Augen.

Jan fand sie von Anfang an nett und schön. Er hatte braune Haare und war der absolute Schwarm aller Mädchen. Auch war er beliebt bei den Lehrern und den Jungs.

Aber Pia wurde überhaupt nicht aufgenommen in der Klassengemeinschaft. Sie wurde als Hexe und dumme Kuh beleidigt. Sie versuchte zwar, sich gleichgültig zu geben, aber alle Hänseleien trafen sie tief. In der Pause sass sie still in einer Ecke und las ein Buch. Jan wurde ausgelacht, immer wenn er nett über Pia redete oder mit ihr zusammen war. Pia redete nicht viel. Nur zu Jan sprach sie, ja empfand sogar etwas für ihn. Sie wirkte dann viel wärmer. Es war schon, als sie erst gerade neu in die Schule gekommen war, eine Art innere Bindung zwischen ihnen entstanden.

Pia hatte nur eine einzige Freundin namens Rahel. Rahel war ein wunderschönes, blondes Mädchen mit tiefblauen Augen. Doch etwas Wichtiges stand der Freundschaft von Pia und Rahel im Weg. Es war die Zuneigung zu Jan. Rahel war nämlich auch in Jan verliebt.

Sie war neidisch und schaute immer, wenn Pia und Jan zusammen waren, mit eiskaltem Blick zu. Sie war ja auch viel hübscher als diese arrogante Göre Pia. Was bildete sich Pia eigentlich ein, ihr den Freund wegzunehmen. Ausserdem hatte Rahel jetzt allen Grund, den ursprünglich super perfekten Jungen schlecht zu machen. Schliesslich war er ja mit der Aussenseiterin zusammen!

Rahel hatte nun einen Plan. Sie tuschelte mit ihrer Clique und gab sich zum Schein als beste Freundin von Pia aus. Sie wollte das Paar vor allen blossstellen!

Bald darauf bekam Jan einen Liebesbrief von Pia. Der lautete wie folgt:

»Ich liebe dich!
Ohne dich, mein Sonnenschein, könnt ich nicht leben,
ich würde nur nach dir streben.
würde ich ohne dich sein,
könnte ich nie mehr glücklich sein.
Unsere Liebe ist wie ein Engel, der mit uns fliegt,
wie das Gute, das immer siegt.
Und zum Ende frag ich dich: Sag, liebst DU mich?«

Diesen Brief beantwortete Jan gerne mit einem »Ja«!

Doch die Situation stand nicht gut für Pia und ihren Freund. Rahel hatte gequatscht. Eines Morgens stand an der Tafel sogar »Pia und Jan«. Und es gab in dieser Klasse nur eine Pia und einen Jan …

Manchmal fühlte Jan einen grossen Hass auf die Kinder seiner Schule. Sie waren ja auch zu blöd. Jan geriet durch die Tatsache, dass er immer unbeliebter und schlechter behandelt wurde, in Bedrängnis. Er getraute sich aber nie, den Lehrpersonen etwas zu sagen. Hätte er dieses verhängnisvolle Mädchen nur nie kennen gelernt … Aber halt! Er brauchte sie doch. Mit ihrem schönen Gesicht und ihren traurigen Augen.

Nun kam es dazu, dass Pia und Jan sich einmal im Wald verabredeten. Sie gingen umher und redeten miteinander. Bald stellte sich heraus, dass Pia ein dunkles Geheimnis mit sich trug. Ihre Vorfahren im Mittelalter waren als Hexen verbrannt worden. Irgendwie mussten die Schüler ihrer Klasse davon erfahren haben. Sie wurde ja als Hexe bezeichnet, da sie sich mit Pflanzen und Tieren auskannte.

Jan hatte Mitleid mit ihr. Er hatte ein seltsames, kribbeliges Gefühl in der Magengegend. Obwohl es für ihn neu war, fühlte sich dieses »Kribbeln« gut und warm an. Auch wusste er, dass Pia das Selbe für ihn empfand wie er für sie. Nun kam, was kommen musste. Ein Kuss… Jan hatte sich entschieden.