Hanna Schott (10)

Frei wie ein Vogel

Klingelingeling! Letzte Stunde aus. Ferien. Seufzend ging Mia aus dem Klassenraum. Sie fragte sich, warum die anderen sich auf die Ferien freuten. Mias Eltern arbeiteten die ganzen Ferien, und Mia wusste nicht, was sie machen sollte. Sie sehnte sich nach der Schule, die erst nach sechs Wochen endloser Ferien wieder beginnen würde. Wahrscheinlich würde Mia die ganzen Ferien mit ödem Strandgammeln verbringen.

Als sie zu Hause war, schmiss sie den Ranzen aufs Sofa und legte sich aufs Bett. »Wenn ich wenigstens eine Oma hätte, zu der ich die Ferien über hinfahren könnte«, dachte sie. Mia hatte zwar Großeltern, aber die wollten ihre Ruhe haben.

Also nahm Mia eine Decke, Sonnenhut und Sonnenbrille, natürlich auch einen Rucksack, und ging zum Strand. Am Strand angekommen, breitete sie ihre Decke aus und legte sich darauf. Im Hintergrund hörte sie die Wellen rauschen, und über ihr kreiste eine Möwe, die laut kreischte.

»Ich würde auch gern so ein Vogel sein und zu jeder Zeit, in jedes Land fliegen können«, dachte Mia.

Ihr Denken wurde unterbrochen durch ein lautes Kuhglockengeläut. Mia setzte sich auf und sah den Eiswagen. Die Möwe war inzwischen auch weggeflogen. Mia dachte sich: »Naja, ich hab ja Geld mit, da kann ich mir ja ein Eis kaufen.« Sie nahm ihr Geld und ging los.

Nachdem sie ihr Eis gegessen hatte, machte sie noch einen kleinen Spaziergang am Strand entlang. Als sie eine Weile gelaufen war, sah sie eine Möwe in den Dünen, die sich in einem Fischernetz verfangen hatte.

Mia war sehr tierlieb, deshalb sah sie sich die Möwe aus der Nähe an und dachte: »Mit den Fingern kann ich sie nicht befreien, also hole ich mein Taschenmesser.« Mia rannte zurück zur Decke, wo ihr Rucksack mit dem Taschenmesser stand. Als sie es gefunden hatte, rannte sie zu der Möwe zurück.

Mit ihrem Messer versuchte sie, das Netz abzuschneiden. Sie begann am Rücken, wo die Möwe nicht nach Mia hacken konnte. Nachdem sie das Netz vom Rücken abgeschnitten hatte, hörte die Möwe auf, zu versuchen, in Mias Finger zu hacken. So konnte Mia auch das restliche Netz abschneiden.

Als die Möwe befreit war, blieb sie erst einige Sekunden in den Dünen hocken, doch dann breitete sie die Flügel aus und flog davon. Mia guckte ihr eine Weile nach, dann ging sie nach Hause und dachte an die nächsten öden Strandgänge.

Ein Vogel wollte sie jedenfalls nicht mehr sein.