Anton Maurer (12)

Frau Meiers Amsel

Es war an einem Sommertag,
die Sonne stand schon hoch,
Frau Amsel stöhnt: »Oje, wie heiß –
ein Glück, ich lebe noch.«

Frau Meier stand am Gartentor,
sie schwitzte Schweiß und Blut.
Da sprang sie in das Wasserfass
und rief: »Wie tut das gut!«

Vor Erschöpfung fiel die Amsel
herunter wie ein Stein –
zu ihrem Glück jedoch genau
ins Wasserfass hinein.

Frau Meier schrie in Todesangst,
sie zeterte und schrie:
»Mein Schatzi, komm und hilf mir doch –
ich fürcht’ mich wie noch nie!«

Ihr Schatzi kam herausgerannt,
mit fragendem Gesicht.
Frau Meier schrie: »Mich kitzelt was!
Auje! Ich mag das nicht!«

Ihr Spatzi greift ins Wasserfass
und zieht ein Ding heraus,
es ist sehr groß und auch sehr schwarz –
sieht wie ’ne Amsel aus.

Die Amsel trieft und schüttelt sich,
dann fängt sie an zu schrei’n:
»Die Frau, die ist wohl hirngestört –
was fällt ihr denn wohl ein?!«

Sie wendet sich Frau Meier zu:
»Sie schreien hier herum –
da wird man wirklich ziemlich taub –
ich frag’ Sie: Sind Sie dumm?«

Frau Meier ist vor Staunen still,
dann sagt sie: »Welch ein Tier –
es fliegt mir in das Fass hinein
und schimpft dann noch mit mir!«

Der Vogel glotzt und staunet still,
Frau Meier glotzt zurück.
Sie steht, und glotzt, und schaut herum,
dann senkt sie ihren Blick.

Zwei Tage später geht’s herum,
’nen Vogel hat Frau Meier,
’ne Amsel ist ihr zugezogen –
ein widerlicher Schreier.

Die Freundschaft zwischen Mensch und Tier –
die ist ein alter Hut;
und oft, da fängt sie erst da an,
wo sich was Arges tut!