Corina Koller (11)

Die Hexe Gundula Gänsekiel

Am Ufer eines kleinen Sees steht ganz einsam ein Häuschen. Hier wohnt die kleine Hexe Gundula Gänsekiel mit ihrem Kater Lustlos. Gundula geht noch zur Hexenschule. Jeden Morgen um 4:00 Uhr läutet ihr Wecker, denn der Weg zur Schule ist weit und die kleine Hexe hat noch keinen Flugschein für den Hexenbesen und somit muss sie die ganze Strecke zu Fuß zurücklegen. Aber in diesem Jahr ist es endlich soweit, sie darf mit ihren Hexenkameraden die Flugschule besuchen und darauf freut sie sich schon sehr.

Morgens um vier

Wie jeden Morgen läutet der Wecker der Hexe Gundula und wie jeden Morgen kommt sie nicht aus dem Bett, weil sie am Abend zuvor zu lange in ihren Hexenbüchern gelesen hat. Doch der Kater Lustlos passt genau auf, dass Gundula keinen Schultag versäumt und schnurrt und knurrt solange, bis die Hexe unter ihrer Bettdecke hervorkommt. Sie macht sich das Frühstück, wäscht sich und zieht ihren alten Flickenrock mit der roten Bluse an. Im Wäschekorb sind nur verschiedenfarbige Strümpfe, aber das merkt sie so früh am Morgen nicht und bei einer Hexe ist es auch nicht wirklich wichtig, was sie anzieht. So jetzt noch schnell in die Stiefel die Schulbücher genommen und es kann los gehen. Lustlos streicht ihr noch um die Beine, er will auch etwas zu essen haben, aber damit muss er warten, bis Gundula wieder von der Schule kommt, denn jetzt hat sie es schon wirklich eilig. Sie wird sowieso jeden Morgen ausgeschimpft, weil sie zu spät kommt.

In der Schule

Heute schafft sie es gerade wieder um ein paar Minuten nicht rechtzeitig, aber auch der Herr Professor ist an diesem Morgen zu müde, um mit Gundula zu schimpfen. Er war beinahe die ganze Nacht beim Hexenmeistertreffen. Gundula begrüßt ihre fünf Mithexen, setzt sich auf ihren Platz und schlägt ihre Schulbücher auf. Sie ist schon sehr gespannt, welche Zaubersprüche heute gelehrt werden. Ein Hexenbuch mit den dazugehörigen Sprüchen hilft nämlich gar nichts, wenn man den Spruch nicht im richtigen Tempo sagt und mit dem Zauberstab die richtige Handbewegung dazu macht. Dabei können ganz unmögliche Pannen passieren. Gundula ist noch ziemlich müde und so passiert es ihr, dass sie während der Herr Professor die Zaubersprüche und Handbewegungen ansagt, einschläft und zu träumen anfängt.

Gundula hat immer den gleichen Traum. Sie fliegt mit ihrem Hexenbesen bis zu den Wolken hinauf und erschreckt die Menschen, die in Flugzeugen in fremde Länder reisen. Sie ärgert sich nämlich sehr über die vielen Flugzeuge, weil sie laut sind und einen fürchterlichen Gestank verbreiten und sie kann nicht verstehen, warum die Menschen nicht auch einfach Besen oder fliegende Teppiche nehmen.

Auf einmal schreckt sie hoch. Der Professor steht vor ihr und hat mit seinem Zauberstab an ihrer Nase gekitzelt. Er sagt: »Gundula, mit dir wird es ein schlimmes Ende nehmen. Du kommst jeden Morgen zu spät in die Schule und du schläfst während dem Unterricht ein. Bis jetzt kannst du noch keinen einzigen Zauberspruch richtig aufsagen. Du wirst mit hundert Jahren noch immer in die Schule gehen.« Die kleine Hexe ist ganz zerknirscht, sie geht gerne in die Schule, aber solange will sie dann doch nicht zur Schule gehen. Sie nimmt sich vor, nach dem Unterricht noch ihre Mitschüler über den heutigen Zauberspruch auszufragen. Nach vier Stunden ist die Schule aus und Gundula tritt ihren Heimweg an. Natürlich hat sie ganz vergessen, die Mitschüler um den Zauberspruch zu fragen.

Der Kater Lustlos

Zu Hause angekommen wirft sie ihre Schulbücher erstmals in die Ecke und richtet dem Kater sein Abendbrot. Er ist schon ganz mürrisch, denn heute hat er besonders lange darauf gewartet. Gundula denkt über den heutigen Zauberspruch nach. Er kann aus einem alten Tier ein ganz junges machen. Sie denkt sich, der Zauberspruch wäre für meinen Kater perfekt und so probiert sie es aus.

»Ehne, mehne, Tierchen fein, du sollst jetzt viel jünger sein! Hex, Hex!«

Sie bewegt den Zauberstab auf und ab, nach rechts und links und schwingt ihn einmal um den Kater herum. Doch oh Schreck und Graus, wie sieht denn der Kater jetzt aus. Sein Kopf ist um die Hälfte kleiner geworden, sein Körper hat die ursprüngliche Größe behalten, die Beine sind geschrumpft und der Schwanz ist beinahe nicht mehr vorhanden. Gundula ist verzweifelt, ihr Haustierchen sieht schrecklich aus und macht ein völlig unglückliches Gesicht. Lustlos schwankt hin und her, weil sein Körper auf den kleinen hilflosen Pfötchen viel zu schwer ist. Die Hexe fragt sich, warum der Zauberspruch nicht funktioniert hat.

Auf einmal fällt ihr ein, dass sie den halben Unterricht verschlafen hat. Sie ärgert sich furchtbar über sich selbst. Was hat sie bloß mit dem armen Lustlos angestellt. Sie packt den Kater in ein Tuch und läuft mit ihm zu ihrem Professor nach Hause. Gott sei Dank wohnt dieser nicht allzu weit von Gundula entfernt. Er schüttelt den Kopf, als er den armen Kater sieht. Ach, Gundula was hast du jetzt wieder angestellt. Er macht den Zauberspruch rückgängig und die kleine Hexe bedankt sich überschwenglich beim Professor. Sie marschiert fröhlich mit dem Kater an ihrer Seite wieder nach Hause.

Die erste Flugstunde

Heute ist es endlich soweit. Die kleine Hexe ist schon sehr aufgeregt, denn heute beginnt ihre erste Flugstunde. Das erste Mal in ihrer ganzen Schulzeit ist Gundula pünktlich in der Schule. Als der Herr Professor die Besen verteilt, schaut er sehr erstaunt, weil Gundula bereits hier ist. Die Hexen müssen sich in einer Reihe aufstellen und der Professor stellt sich ihnen gegenüber. Er erklärt:

»Jeder Besen hat seinen eigenen Namen, jede Hexe sagt mir den Zauberspruch nach und den Namen ihres Besens, und los geht’s: Ehne, mehne, weiches Ei, komm in die Hand, Name des Besens, herbei! Hex, hex!«

Gundula, hält ihren Besen in der Hand und macht ein wirklich glückliches Gesicht. Endlich ist auch ihr ein Zauberspruch gelungen. Der Professor erklärt weiter.

»Um mit einem Hexenbesen fliegen zu können, muss man noch einige Zaubersprüche auswendig lernen. Vor allen ist es wichtig zu wissen, wie man seinen Besen wieder stoppen kann. Also paßt genau auf. Wer seinen Besen wieder stoppen will, spricht: Ehne, mehne, Mopp, den Namen des Besens, stopp! Hex, hex.«

»Ihr müsst euch diesen Zauberspruch sehr gut merken, habt ihr verstanden?« spricht der Professor. Gundula denkt sich, das ist leicht, das merkt sich jeder, ich will jetzt endlich fliegen. Sie muss nicht lange warten, der Professor erklärt den Schülern geraden den Zauberspruch für das Abfliegen.

Ehne, mehne, Dauerwelle, den Namen des Besens, flieg auf der Stelle! Hex, hex.

Gundula fliegt sofort los und auch ihre Klassenkameraden schaffen es teilweise, sich in die Luft zu erheben. Fliegen macht riesigen Spaß, sie will gar nicht mehr aufhören damit. Sie fliegt über Wiesen, Flüsse und Wälder, doch plötzlich hört sie einen lauten Pfiff. Das war das Zeichen zum Umkehren. Als sie vor dem Schulhof angekommen ist, weiß sie auf einmal den Zauberspruch für das Anhalten nicht mehr. Die Mithexen sind schon längst im Schulhof gelandet, aber Gundula kreist noch immer über das Schulgelände. Sie fängt an zu schreien und als der Herr Professor das hört, schickt er sofort die Hexe Franziska Fleckenlos hinauf. Als sie mit Gundula in der selben Höhe fliegt, sagt sie:

»Ehne, mehne,Mopp, Kasimir stopp! Hex, hex« und ihr Besen fliegt wieder zur Erde. Jetzt weiß Gundula den Spruch und sie fliegt sicher zur Erde.

Die kleine Hexe wird in Zukunft sicher besser in den Schulstunden aufpassen, denn diese verflixte Woche wird sie bestimmt nicht so schnell vergessen.