Petra Erdely (11)

Geschichten schreiben

Eines der größten Probleme beim Geschichtenschreiben ist, nicht zu wissen, was man schreiben soll. So erging es auch Sarah. Und das gerade bei der Deutsch-Schularbeit. Sie hatte deshalb immer Angst vor Schularbeiten, und gerade heute war das Thema so kompliziert. Es hieß: »Na so was!« Ihr fiel einfach nichts ein.

Das Fenster stand offen. Kühler Wind wirbelte draußen im Garten die Blätter herum. Sarah bemerkte, dass ein Vogel sich auf einen Ast setzte. Verzweiflung überkam sie. Da schlief sie plötzlich ein.

In ihrem Traum begegneten ihr zwei Zwerge. Die beiden waren wirklich komisch anzusehen. Der eine hatte eine blaue Hose und ein rotes Hemd an. Der andere hatte eine grüne Hose und ein gelbes Hemd an. So plötzlich sie aufgetaucht waren, waren sie auch wieder verschwunden.

Sarah hatte sich das Aussehen der beiden gut gemerkt. Da tauchten sie wieder auf. Ganz so, wie jemand, der sich unsichtbar macht und dann Probleme hat, wieder sichtbar zu werden. Oder ein nicht richtig aufgenommener Film.

Schließlich bemerkte sie, dass die beiden ihr etwas sagen wollten. Leider verstand sie nicht alles. »Hol - hilf – wieder – bald.« Dann waren sie ganz weg.

Vor Sarah lag ein Stein. Er war orange, klein und oval. Sie dachte sich nichts und hob den Stein auf. Auf einmal fing der Stein zu strahlen an.

Sarah hörte eine Stimme. Die Stimme, die sie vorhin vernommen hatte. »Hilf uns, wieder zurückzukehren. Stecke einfach den Stein in deine Jackentasche.« Das tat sie auch.

Doch da wachte sie auf. Sie bemerkte, dass der Stein noch da war. Er hatte inzwischen vier Füße bekommen. Zwei blaue und zwei grüne. Plötzlich lief der Stein in Richtung Klassentür.

Ja, richtig! Es war ja Schularbeit. Schnell schrieb Sarah die Geschichte auf und gab ab. Trotzdem begriff sie nicht. Ein dumpfer Schlag; der Stein war gegen den Türrahmen gerannt. Was aber hatte der Stein bewirkt? Sarahs Kopf war voller guter Geschichten. Ab jetzt hatte sie nie mehr Angst vor Schularbeiten.

 

Der Bücherling

Marlies war zwar schon in der dritten Klasse, doch beim Lesen hatte sie noch Probleme. So viel sie auch übte, es gelang ihr einfach nicht. Eines Tages erfuhr sie von ihrer Freundin etwas sehr Interessantes. Ich vergaß zu sagen, dass sich die ganze Geschichte in England abspielte. Ann, ihre Freundin sagte: »In der Garden Road gibt es Bücherlinge. Ich will dir einen besorgen.«

Gesagt, getan. Doch so leicht sollte es nicht werden. Um drei Viertel vier stand Ann vor der Tür des kleinen Ladens in der Garden Road. Das Haus, in dem sich das Geschäft befand, sah alt und verfallen aus.

Sie griff nach der Türklinke. Knarrend glitt die alte Tür auf. Als Ann eingetreten war, hörte sie ein kaltes Lachen. Das Lachen kam anscheinend von der alten Dame, die in der hinteren Ecke saß. »Du willst wohl einen Bücherling kaufen. Doch muss ich dir sagen, dass man bei mir nicht mit Geld zahlen kann. Geh’ in den Garten und hole mir das Goldkraut«, sprach sie.

Ann gehorchte. Das Goldkraut war leicht zu finden. Das dachte sie jedenfalls. Doch ihr Bauch sagte etwas anderes. So nahm sie nicht das goldene Kraut, auch nicht das silberne Kraut, sondern das grüne Kraut.

Als Ann es der Alten gab, sprach diese: »Gut gemacht. Lässt dich nicht täuschen. So. Warum bekommst du gleich einen Bücherling?«

»Na ja, Vielleicht, weil ich Ihnen das grüne Kraut gebracht habe?« sagte Ann stotternd.

»Gut. Nimm.« Sie gab ihr ein Männlein.

»In ein Buch bitte«, sagte das Männlein freundlich.

Ann packte ihn vorsichtig ein, bedankte und verabschiedete sich.

An Marlies’ Geburtstag schenkte ihr Ann den Bücherling und erzählte die Geschichte. »Nicht mal ein Pfund hat er gekostet.«

»Nun. Das Äußere trügt immer.«

Alle waren glücklich und aßen den Geburtstagskuchen.

 

Die Glasscheibe

Eines Tages beschloss Miss Emily Hummel, in einem Restaurant zu Abend zu essen. Sie rief Anton, ihren Diener, zu sich und sagte zu ihm: »Heute hat die Köchin ihren freien Tag. Sag’ dem Chauffeur, er soll den Wagen vorfahren.«

Um Punkt sieben Uhr betrat Miss Hummel das vornehme Restaurant namens »Regenschirm«. Ein Kellner zeigte ihr einen freien Tisch und hängte ihren Mantel auf den Kleiderständer.

Nach dem Hauptgang setzte sich ein Mann zu ihr. Er bestellte sich eine Scheibe Brot und Wasser. Als es ans Zahlen ging, legte er dem Kellner ein paar alte Silbermünzen in die Hand.

Zuerst dachte der Kellner, es wäre ein Missverständnis, doch nach einer Weile fing er zu schimpfen an: »Haben Sie denn kein gültiges Geld bei sich? Das Geld ist doch uralt! Entweder Sie bezahlen jetzt sofort, oder ich hole die Polizei!«

Bei diesen Worten bekam er Angst und zahlte doch. Bevor er ging, gab er Miss Emily eine kleine Platte in die Hand.

Miss Emily aß fertig und ging ebenfalls.

Im Auto sah sie die Platte genauer an und bemerkte, dass es sich um eine Schatzkarte handelte. Wie aufregend!

Zu Hause angekommen, rief sie sofort ihre Freundin Anne an. »Du wirst es mir nicht glauben! In meinem Besitz befindet sich eine Schatzkarte.«

»Weißt du, ob sie nicht gefälscht ist?«

»Das… wäre möglich. Aber ich glaub’ es nicht.«

»Oh! Am besten reden wir ein andermal weiter. Ich bin spät dran. Guten Tag.« Piep. Piep. Piep. Sie hatte aufgehängt.

Am nächsten Tag ging Emily zu ihrer Tante, um mit ihr zu sprechen. Die beiden saßen im sonnigen Garten. Aber als Miss Emily Hummel ihr die Platte zeigte, konnte sie nichts erkennen.

Als Miss Hummel wieder zu Hause war, besah sie sich die Platte genauer. Sie drehte sie, und es erschienen folgende Worte: »Zeige die Karte niemandem!« Miss Hummel bekam einen großen Schrecken.

Einen Monat später saßen Emily, Anne und Emilys Tante Jane gemütlich beim Fünf-Uhr-Tee in Emilys Haus. »Ich dachte es mir! In meinem Garten spiegelte die Scheibe im Licht. Aber wer war der Mann?«

»Der Briefträger. Ich habe ihn gestern wieder erkannt«, sagte Emily.

Sie lachten und tranken den Tee fertig, damit er nicht auskühlte.

 

Ein schlechter Scherz

Herr Bauer und sein Nachbar Herr Biene waren nicht gerade die besten Freunde. So gingen sie sich meistens aus dem Weg. Eines Tages wurde es Herrn Biene zu bunt. Er ärgerte sich über Herrn Bauer, da dieser heute Morgen sein Auto so laut gestartet hatte, dass Herr Biene aufgewacht war. Er war nämlich Langschläfer.

Da beschloss er, Herrn Bauer einen Streich zu spielen. Er stieg am nächsten morgen zeitig aus dem Bett und holte eine Gießkanne. Diese füllte er mit eiskaltem Wasser an. Danach befestigte er sie mit einer Schnur am Vordach von Herrn Bauers Haus.

Als dieser später zu seinem Auto gehen wollte, floss das Wasser auf ihn herab. Pitschnass lief er ins Haus.

Aber es war schon zu spät. Er bekam eine ziemlich starke Verkühlung. Eine Woche lang musste er im Bett bleiben. Darauf stritt er sich jeden Tag mit Herrn Biene, auch wenn es meistens unnötig war.

Der Streich war wirklich zu einem sehr schlechten Scherz geworden und endete erst, als Herr Bauer fortzog. Er wollte einfach seine Ruhe haben. Weit weg von Herrn Biene.