Tanja Pichler (13)

Nichts wie weg

Die 13-jährige Julia war ein nettes, eher schüchternes Mädchen. Sie lernte täglich für die Schule und bekam auch nur sehr gute Noten. Oft wurde Julia auf Grund ihrer guten Schulnoten gehänselt, schließlich war sie die Klassenbeste.

»Streberin« wurde sie immer gerufen.

Eines Tages meinte die Clique ihrer Klasse zu ihr: »Hast du eigentlich nichts besseres zu tun als zu lernen?«

»Lass mich zufrieden«, antwortete Julia gekränkt.

»Nein! Wieso denn? Es macht Spaß, dich zu ärgern«, lachten die Buben höhnisch.

»Können wir nicht einfach Freundschaft schließen?« fragte Julia. Julia hatte keine Freunde, niemand konnte sie in der Klasse leiden, und das alles nur wegen ihrer Noten.

»Freunde ? Wir, mit einer wie dir? Mit einer Streberin?« spötteten sie.

»Ja, wäre das nicht schön? Überlegt es euch doch mal.«

Julia sehnte sich so sehr nach einer Freundin, einer Freundin, der sie alles erzählen könnte, nach einer Freundin, die ihr zu hörte! Für Julia wahr Freundschaft einfach auch aus dem Grund, weil sie nicht viele wahre Freunde besaß, eines der wichtigsten Dinge im Leben. Deshalb beschloss sie, alles dafür zu tun, mit der Clique aus ihrer Klasse Freundschaft zu schließen.

Am nächsten Tag in der Schule ging sie zitternd zu Georg, dem Anführer der Clique. »Also! Sind wir jetzt Freunde? Gehöre ich jetzt zur Clique?« fragte sie mit aufgeregter Stimme.

»Die Clique hat abgestimmt! Du kannst in unsere Clique eintreten!« antwortete Georg mit ernster Stimme.

»Wirklich? Juhu! Ich kann’s gar nicht glauben, ich habe Freunde gefunden!« freute sich Julia und hopste fröhlich vom einen Fuß auf den anderen.

»Halt! So leicht ist das nicht! Du musst noch eine Art Aufnahmeprüfung machen, bevor du ein richtiges Mitglied unserer Gruppe bist!« lächelte Georg.

»Was für eine Aufnahmeprüfung? Was muss ich tun?« fragte Julia.

»Hör gut zu», sagte Georg, »Heute treffen wir uns um Punkt 15 Uhr vor dem Einkaufszentrum!«

»Gut, ich werde dort sein!« freute sich Julia.

Um 14.50 Uhr verließ Julia ihre Wohnung, die drei Straßen entfernt von dem Einkaufszentrum lag. Die ganze Gruppe war schon dort, als Julia vor dem Center endlich auftauchte.

»Hey, Leute!« sagte Julia, »Was muss ich tun?«

»Okay, jetzt werden wir mal sehen, ob du wirklich reif für unsere Clique bist«, murmelte Georg.

Julia war sehr gespannt, was sie jetzt wohl erwarten würde, schließlich war sie bereit, alles, wirklich alles zu tun, um in die Clique, die sich allerdings »Bulldogs« nannte, aufgenommen zu werden.

»Also! Du gehst jetzt in ein Geschäft und stiehlst ein Päckchen Kaugummi. Wenn du kneifst, geht’s dir schlecht! Also, entweder du stiehlst oder …?« sagte Georg.

»Stehlen? Ich soll stehlen?« Julia war sich nicht sicher, ob das wirklich der richtige Weg war, um Freundschaften zu schließen. Julia dachte sich: »Nichts wie weg!« Sie zögerte kein wenig, hob den Fuß und lief so schnell sie konnte. Ihr Ziel war ihr Zuhause.

Verdutzt glotze ihr die Gruppe, die vor dem Centrum stand, nach. Keiner lief ihr hinterher.

Zu Hause überlegte Julia noch einmal, ob sie wirklich das richtige getan hatte. Sie war sich nicht sicher.

Am nächsten Tag wollte sie nicht in die Schule gehen, sie hatte Angst, panische Angst vor den Bulldogs. Wer weiß, was sie mit ihr machen würden? Nichts.

Julia musste in die Schule, das Geheimnissvolle war: Niemand meinte etwas wegen dem Vortag, alle »Bulldogs« taten so, als ob nichts gewesen wäre. Alle, die ganze Kasse war einmal ganz nett zu Julia. Nun hatte Julia genau das, was sie sich immer schon am meisten wünschte: Freunde.

 

Ich mag dich

Als ich vor zirka drei Jahren das erste Mal die erste Klasse des Gymnasiums besuchte, dachte ich mir: Oh mein Gott! Ich will hier raus!

Offensichtlich geht es ja wohl jedem Menschen so, der irgendwo neu ist.

Am nächsten Tag hatte ich noch immer die gleiche Meinung, obwohl ich schon einige Leute kennengelernt hatte. Die Jungs in der Klasse waren alle zum Vergessen, abgesehen davon, dass sie alle sehr hässlich waren. Naja, nicht direkt alle Jungs, Ahammer Johannes war gut aussehend. Ich hatte nur ein Problem: Er redete nicht mit mir.

Einige Tage darauf lernte ich ihn immer besser kennen. Aber er redete nicht viel mit mir. Schade! Erst Ende des Schuljahres wurden wir gesprächiger. Ich verliebte mich in Johannes. Wir verstanden uns immer prächtiger, bis in die zweite Klasse.

In der zweiten Klasse geschah etwas, was die Freundschaft zwischen Johannes und mir gefährdete. Es war meine Freundin Martina! Freundin? – ich weiß gar nicht, ob man zu so jemand noch Freundin sagen kann. Naja, auf jeden Fall verliebte sich Martina in Johannes. Sie ertrug es nicht, dass ich mich mit Johannes so gut verstand und dass wir so viel miteinander unternahmen. Martina brachte es sogar zusstande, neben ihm zu sitzen. Martina erzählte ihm Lügengeschichten über mich, zum Beispiel, dass ich so gemein und falsch sei. Johannes verliebte sich auch in sie und glaubte ihr alles.

In der dritten Klasse besuchte Martina, Gott sei Dank, nicht mehr meine Klasse. Sie hatte Italienisch, wir, also Johannes und ich, Französisch. Am Anfang redete er wieder sehr wenig mit mir, weil ich ja so gemein war. Aber mit der Zeit wurde unser Verhältnis immer besser. Ich nahm mir vor, dass, sobald ich mich mit Johannes wieder verstehen sollte, muss ich die Geschichte wieder ausbügeln. Gut Ding hat Weile. Der Tag, an dem ich mich mit Johannes aussprach, kam. Ich klärte ihn genauestens auf. Er sah mich an und sagte. »Ich habe Martina nichts geglaubt.« Als er das sagte, hätte ich ihm am liebsten gesagt: Ich mag dich.

 

Das schlechteste Erlebnis

Mein schlechtestes Erlebnis geschah vor zirka einem Jahr. Gitano, ein 15-jähriger Wallach, war schon immer mein absolutes Lieblingspferd gewesen. Er gefiel mir einfach vom Charakter und auch vom Aussehen her. Gitano war so lieb und gutmütig; immer, wenn ich in den Reitstall fuhr und laut Gitano rief, wieherte er mir zu; wenn ich Probleme hatte, setzte ich mich meistens zu ihm in seine Box und klagte ihm mein Leid – sobald ich das tat, sah er mich mit seinen treuherzigen Augen an, und ich hatte das Gefühl, er würde mich verstehen. Gitano fühlte sich immer wohl und war sehr selten krank. Bis vor etwa eineinhalb Jahren etwas Seltsames geschah. Der Tierarzt stellte fest, dass Gitano irgendetwas am Fußgelenk hatte, und dass es ihm sehr weh tat. Wenn man es nicht bald behandelte, würde er starke Schmerzen haben. Diese Krankheit ließ sich durch eine Schwellung erkennen. Aber das Komische war: Der Tierarzt wusste selber nicht genau, um welche Krankheit es sich handelte.

Gitano wurde gezwungen, eine Magnettherapie zu machen, also einen Verband mit einem Magnetstein zu tragen. Vor zirka einem Jahr wurde die Schwellung immer größer und tat Gitano immer mehr weh.

In dieser Zeit verbrachte ich besonders viel Zeit mit Gitano und kümmerte mich um ihn. Ich wusste, dass Gitano, mein absolutes Lieblingspferd, das Leben nicht mehr so genießen konnte, wie er es gewohnt war. Wahrscheinlich auch nicht mehr viel Zeit dazu haben würde.

An einem Montag kam plötzlich meine Freundin Nadine mit roten Augen zu mir, fasste mich an der Hand und meinte: »Ich muss dir etwas sagen! Gitano … Er ist heute am Vormittag … gestorben!«

Eine eiskalter Gänsehaut lief mir den Rücken hinauf. Ich konnte es nicht fassen, trotzdem brach ich in Tränen aus. Ich weinte und weinte. Von nun an konnte ich den Tierarzt nicht ausstehn, denn anhand der Schwellung hätte man die Krankheit sicherlich feststellen können, und das Pferd hätte vielleicht heute noch leben können. Ich fühlte mich so leer und verlassen ohne Gitano. Später stellte sich heraus, dass Gitano Krebs gehabt hatte. (Angeblich hatte er schon Löcher in seinen Knochen.)

 

Das Wundermittel

Sir Hector Smith, Amerikaner, war sehr gescheit. Er war Arzt in Memphis. Hector Smith war ein netter, reicher berühmter HNO-Arzt. Die Leute schwärmten nur so von ihm! Seine Patienten waren sehr zufrieden mit seinen Behandlungen.

Dem Arzt fiel auf, dass auf einmal immer mehr Patienten mit Kopfweh ihn in der Praxis besuchten. Er verschrieb ihnen zwar starke Medikamente, doch die Leidenden kamen spätestens eine Woche darauf wieder zu ihm. Sir Hector Smith geriet in Verzweiflung. Er fühlte sich schuldig, weil er den Leuten nicht helfen konnte.

»Ich muss irgendetwas unternehmen! Aber was?« meinte der Arzt zu seiner Frau. »Du könntest doch ein eigenes Arzneimittel zusammen mixen!« antwortete ihm seine Frau.

»Ja, du hast recht!« jubelte er. Nächte lang verbrachte er in seinem Labor, um das kopfschmerzlindernde Elixier fertig zu stellen. Nach einer Woche war es fertig.

Das Medikament aller Medikamente wurde zum ersten Mal eingesetzt. Ein ältere Frau kam zu Sir Hector Smith und berichtete ihm über ihre Kopfscherzen. Der berühmte Arzt verabreichte ihr das neueste Medikament am Markt, Headaceforte. Die alte Dame war nicht die, die das angebliche Wundermittel verschrieben bekamen.

Nach drei Wochen kam eine Patientin ganz erleichtert zu dem Doktor. »Mr Smith!« sagte sie, »Ich möchte mich bei Ihnen vielmals bedanken, meine Kopfschmerzen sind Dank Ihres Wundermittels geheilt.«

Das Genie strahlte über ganze Gesicht. Mehrere Patienten betraten die Ordination, um sich bei ihm zu bedanken. Das Wundermittel Headaceforte verkaufte sich wunderbar, und das Genie Sir Hector Smith war ab diesem Tag Milliardär oder besser gesagt Trilliadär.

 

Großer Sandberg

Im 16. Jahrhundert gab es eine Straße, wo auf der linken Straßenseite reiche Leute und auf der rechten Seite arme Leute wohnten. Der Anführer der Reichen war Albert Berg und auf der Gegnerseite Theodor Sand. Die beiden stritten sich, wem diese Straße nun wirklich gehören sollte.

Diese Streitigkeiten gab es schon immer, auch die Vorfahren keiften sich ständig an. Die Menschen redeten kaum miteinander; wenn einer von den Reichen mit den Armen – oder umgekehrt – sprach und dabei von einem Aufseher gesichtet wurde, drohte ihm eine arge Strafe.

Albert Berg hatte einen intelligenten, gut aussehenden, netten Sohn namens Julius. Julius war das komplette Gegenteil von seinem Vater. Auch Theodor Sand hatte eine hübsche, nette Tochter. Eigentlich hieß die 18-Jährige Ramona, aber alle nannten sie Ronny. Ronny war ein aufgewecktes, zufriedenes Mädchen, und es machte ihr nichts aus, dass sie mit ihrer Familie in Armut Leben musste.