Katharina Hütthaler (11)
Das Gerücht
Rudi machte bei einem Gewinnspiel mit. Er schickte seine Karte ab und wartete zwei Wochen, drei Wochen aber niemand meldete sich. Nach zirka sechs Wochen (Rudi hatte das Spiel schon vergessen) kam plötzlich ein Anruf von der Redaktion »Warenhausgewinnspiel«. Eine Dame meldete sich mit der freudigen Nachricht: »Sind sie Herr Rudolf Maier?«
»Ja«, sagte Rudi, »der bin ich!«
Nach einer kurzen Pause antwortete die Telefonstimme: »Sie haben eine zehntägige Reise mit dem Schlagersternchen Dotty Dollarkoller gewonnen. Die Reise erfolgt mit der Bahn. Am 21. Dezember um 7.50 Uhr beginnt vom Bahnhof Kleinjammertal das Event für Sie ganz persönlich.»
Rudi war ganz aufgeregt. Endlich war der Tag der Abreise gekommen. Rudi zog seine Lederhose an und wurde von einer Limousine abgeholt. Der Chauffeur sagte ihm gleich die mögliche Reiseroute: »Zuerst gehts in die Schweiz, dort dürft ihr Käse herstellen dann nach Bayern zum Christkindlmarkt und schließlich nach Tirol. DJ Ötzi wird euch persönlich ins Hotel bringen.«
Rudi sagte: »Das hört sich alles gut an! Wann lerne ich meine Begleiterin kennen?«
Die Antwort des Chauffeurs war kurz und bündig : »Was glauben Sie denn, welcher Aufwand dieses Treffen war!«
Vor dem Bahnhof blieb das Gefährt endlich stehen, und die Tür öffnete sich. »Aussteigen!« befahl der Fahrer und »Ab in den Zug.«
Als er in den Zug einstieg und in das Abteil stolperte, sah er ein blondes Mädchen im lila Minikleid auf der Bank sitzen. Sie stellte sich als Sunny Presley vor, und alsbald merkte Rudi, dass sie nur Dotty ähnlich sah. Das Mädchen erzählte, dass Gewinnspiele nur für Kundenfang dienen und wertvolle Preise eigentlich nur ein Gerücht sind und versprochen werden.
Rudi eilte aus dem Zug und machte nie wieder bei einem Gewinnspiel mit.
Verbotenes Vergnügen
Patrizia hatte schlechte Laune, weil ihre Deutschprofessorin ihr einen Fünfer auf die Schularbeit gab. Als sie nach der Schule dahinschlenderte, dachte sie laut: »Ich gehe am besten auf den Rummelplatz.«
Als sie schließlich dort angekommen war, bemerkte sie schäumend vor Wut: »Na toll, kein Gerät frei also keine Fahrt für mich. Jetzt darf ich endlich mit dem City Shuttle zur Erwachsenen-Welt düsen. Juchhu!«
Das tat sie auch, aber ohne Mutters Einverständnis (Sie hatte es ihr zuvor verboten). Die Erwachsen-Welt war ein Platz voll mit Achterbahnen! Man musste einen Ausweis vorzeigen. So nahm das Schicksal seinen Lauf: Patrizia ging durch das Drehkreuz zum »Crazy River«, ohne gefragt zu werden, wie alt sie sei.
Es war ein Feeling, im Waggon zu sitzen und den Fahrtwind zu spüren. Sie lehnte sich zurück und tat, als wäre sie Fräulein supercool. Das Gefährt setzte sich in Bewegung und rollte auf das erste Hupferl zu. Dies war noch nicht weltbewegend. Doch dann gings los: Die Fahrt wurde schneller, ruckartiger, kurviger und anspruchsvoller. Nachdem sie im ersten Waggon saß, wurde ihr nach jeder Kurve mulmiger. Eigentlich wollte sie aussteigen, doch erst jetzt bemerkte sie, dass hinter ihr Chris von »Taxi Orange« saß. Zuerst dachte sie: »Das muss mir passieren! Ich blamier mich bis auf die Knochen. Wie kann ich aussteigen, ohne dass jemand merkt wie es mir geht?«
Auf einmal sprach sie der »Steirische Leonardo de Caprio« an: »He, Girl willst du mit mir zum Autodrom gehen?«
Bei dem blieb es aber nicht. Sie fuhren mit der Geisterbahn, dem Admiral wo ihr wieder speiübel wurde und zu guter Letzt begaben sie sich zum Bungee Jumping. Nirgendwo musste sie einen Ausweis vorweisen. Das machte sie besonders stolz.
Ihr Begleiter merkte gar nicht, dass sie noch nicht sechzehn Jahre alt war. Als sie aber beim Würstelstand einen Campari Orange bestellte , fragte der dicke Wirt. »Na, Fräulein, wie alt san S denn ? Habn S an Ausweis mit?«
Nach diesen Worten bekam sie es mit der Angst zu tun und flitzte davon. Außer Atem kam sie daheim an und schwor ihrer Mutter, nie wieder in die Erwachsenen-Welt zu gehen.
Angst
Einmal waren meine Eltern bei Freunden zu einer Cocktailparty eingeladen. Ich wollte mir bei dieser Gelegenheit einen gemütlichen Fernsehabend machen. Um 22 Uhr
Um 22 Uhr schaltete ich den Apparat schließlich ein. Es lief eigentlich nichts Besonderes in der Flimmerkiste, also dachte ich: »Ha, dann schaue ich halt eine Videokassette von Mama oder Papa an!«
Gesagt, getan. Ich holte die Erste aus dem Regal, die mir zusagte. Das Titelbild zeigte einen Gorilla mit einem Mikrofon. Ich legte vergnügt die Kassette ein. Was dann auf den Bildschirm kam, ließ meine Glieder erfrieren. Peter Alexander und Hans Moser gingen im Zoo spazieren und trällerten dabei ein Liedchen namens :»Der große Gorilla!« Wum, das war eine kalte Dusche für mich! Kein Gruselfilm, nur eine blöde Heimatschnulze.
Die nächste Kassette zeigte eine Frau, die blöder als ein Tiger glotzte. Ich wollte mir es nicht entgehen lassen, diesen Spaß zu sehen. Auf der Bildfläche erschien »Hannibal the cannibal«. Ich schreckte mich so gewaltig, dass ich zusammenzuckte. Ich versuchte diesen Schrott auszuschalten, es ging aber nicht! Ich schrie und tobte vor Angst.
Plötzlich klopfte es an der Tür. Ich traute mich nicht zur Tür zu gehen. Es knackte und ich hörte eine Stimme: »Sakra, sakra, wos isn do los, warum liegst du noch nicht im Bett?«
Puh, das war noch einmal gut gegangen, meine Eltern waren wieder da! Und immer werden sie rätseln, warum ich nicht mehr fernsehe.