Lisa Heidinger (11)

Der Reise-Gern

Es gibt einen Reise-Gern.
Das ist ein Männchen vom anderen Stern.
Er fliegt gern aus mit Lauda Air,
Lufthansa und vielen andern mehr.
Dann fliegt er jeden Tag wohin und fragt dann immer: »Ich wo bin?«
»Nein, lieber Herr, das heißt: Wo bin ich?«
verbessert die Stewardess, doch sie spricht nur für sich.
Geduldig sagt sie das jeden Tag,
weil er das nicht kapieren mag.
Dann, endlich ist es soweit,
der Flieger ist zur Landung bereit.
»Mein lieber Herr, steigen sie aus,
der Flieger muss weiter, sonst schmeiß ich sie raus!«
sagt die Stewardess und stößt ihn hinaus,
er packt den Koffer und steigt aus.
»Krach, bumsdibums!!!« Was ist geschehen?
Oh, Herr Reise-Gern hat die Treppe übersehen.
Er rappelt sich auf und schaut herum.
Er weiß nicht, wo er ist, ist doch zu dumm!
Er holt sein Flugticket hervor,
und schreit laut: »Gimme, Gimme more!
Hier in New York gibt es Taxi Orange?
Ich trink nur ’nen Kaffee…oh, hier gibt’s Melange!«
Nach seinem Kaffee kommt ihn ein Taxi holen.
Darin sitzt Max und grinst ganz verstohlen.
»Na, kleiner Mann, wohin soll’s denn gehen?«
Herr Reise-Gern denkt nach und bleibt stehen.
»Fahren sie mich zur Freiheitsstatue!«
erwidert er, doch Max sagt: »Nee, nee!«
Doch dann denkt er ganz bei sich:
»So ein Tourist verarscht mich nich’!
Hey, du Fratz, sieh dich vor,
ich fahr dich jetzt zum Grazer Tor!«
So startet er den Wagen an.
Nach drei Stunden ist Herr Reise-Gern drauf und dran.
»Wann kommen wir denn zur Freiheitsstatue?«
»Einen Moment noch, warte, warte!«
Da fährt der Max um die Eck,
Herr Reise-Gern ist ganz starr vor Schreck.
»Das soll die Freiheitsstatue sein?
Mensch, die ist aber klein!«
»Vielleicht ist sie beim Waschen eingegangen.«
sagt Max und hat zu lachen angefangen.
»Gut dann, mein Herr, auf Wiedersehen!«
sagt Herr Reise-Gern. »Ich muss jetzt gehen.«
Die Statue steht neben dem Grazer Opernhaus,
sie sieht etwas seltsam aus.
Statt einer Fackel hält sie ein Schwert,
und einen Ball (die ist ja ganz verkehrt!).
An ihrem Fuße ist ein Souvenir-Stand,
In dem ein Mann steht mit zerrissenem Gewand.
»Ist heute noch Besichtigungszeit?«
fragt Herr Reise-Gern und hält Geld bereit.
Der Mann verzieht sein Gesicht wie im Schmerz
»Der Kleine da erlaubt sich ’nen Scherz!«
denkt sich der Mann, doch er sieht nur das Geld.
»Zu jeder Tageszeit, auf dieser Welt!«
gibt er zur Antwort und steckt es ein.
Herr Reise-Gern denkt: »Heut’ hab ich Schwein!«
»Sie steigen dieses Gerüst hier rauf,
Dann sind sie bald ganz obenauf.«
sagt der Mann und grinst ganz breit,
Herr Reise-Gern machte sich zum Aufstieg bereit.

Seit zehn Jahren wurde er nicht mehr gesehen.
Doch, bleib einmal beim Opernhaus stehen.
Und schau genau zum Schwert hinauf,
dort steht ein winziges Häuschen drauf.
Und hast du dann auch noch ein wenig Glück,
schaut vielleicht ein fremdes Männchen zurück!