Lisa Heidinger (11)

Ich hab dich gern!

»Duuu? Ich hab dich gern!«

»Ich dich aber nicht!« quäkte der Floh und verkroch sich unter einem Stückchen Moos.

Tapsende Schritte waren zu hören. Das Stück Moos wurde aufgehoben, und zwei riesige Glubschaugen starrten den Floh an. Schweiß rann über seine mikroskopisch kleine Stirn.

»Duuu?! Ich hab dich aber wirklich gern!«

Der Floh hopste eilig weiter. »Ich dich aber nicht! Geht das nicht in dein Erbsengehirn, du Idiot?«

Eine riesengroße Margerite donnerte auf ihn nieder. Mühsam kroch er wieder hervor. »Bist du blöd, du Hirnedie? Du hättest mich fast erschlagen, mit deiner behinderten Blume!«

Ein Schniefen war zu hören, und eine Träne, die doppelt so groß war wie der Floh, fiel knapp neben ihm auf den trockenen Boden und versickerte.

»Ach, … weißt du, du darfst mich nicht so ernst nehmen, … es war nicht so gemeint…!« meinte er und schaute etwas beschämt auf seine Zehenspitzen. Schon war wieder ein vergnügtes Kichern zu hören.

»Duuu? Weißt du was? Ich liebe dich sogar! Willst du mich heiraten?«

»Na gut!« antwortete der Floh, der eine weitere Träne vermeiden wollte. »Wenn du mich dann nicht mehr nervst…!«

»Juhuuuu! Komm mit! Ich muss dich Mama und Papa vorstellen!«

Er hopste hinterher. Nach zirka zehn Metern waren sie am Ziel.

»Duuu? Mamaaa! Schau, das ist mein neuer Freund. Wir werden bald heiraten! Magst du ihn?«

»Yepp! Ich hab ihn zum fressen gern!« antwortete die Schildkrötenmama, packte den zappelnden Floh und verspeiste ihn.

 

Wie die Barfüßerstraße zu ihrem Namen kam

Vor 300 Jahren regierte König Uwe von Detlefsstein über Deutschland. Halle war seine absolute Lieblingsstadt. Alle Straßen hießen entweder Uwe-Straße oder Uwe-Detlef-Gasse oder Detlev-Weg. Man kannte sich überhaupt nicht aus. Weil es mindestens fünf Straßen gab, die den gleichen Namen hatten, setze man Nummern vor die Namen. Damals galt das Gesetz, wer Barfuß herumlief, galt als nackt. Und nackt herumlaufen ist ja peinlich!

Doch eines Tages geschah etwas Peinliches: Als der jüngste der neun Söhne von Uwe, sein Name war Uwe-Udo-Ralf-Ron-Hans-Franz-Seppi-Peppi-Karl von Detlefstein, in der 3. Uwe-Detlef-Gasse mit ein paar Freunden Ball spielte, stieg im Peter-Paul von Glockenspielplatz auf seine Schuhe. Da Uwe-Udo-Ralf-Ron… und so weiter gerade im Laufen war, verlor er seine Schuhe. Da stand er Barfuß! Die anderen Buben lachten. Welch Schand, welch Schmach. Uwe-Udo…etc. begann zu weinen und rannte sofort nach Hause.

Dort unternahmen die Dorfsleute gerade einen Aufstand. Sie protestierten dagegen, dass alle Straßen gleich hießen. Als Uwes Sohn angetapst kam, wurde es still. Er rannte schnell beim Tor hinein. Gleich darauf fing ein schallendes Gelächter an.

Uwe von Detlefstein war entsetzt. Sein eigener Sohn hatte den Frevel begangen, er war der erste, der das Gesetz gebrochen hatte. Uwe von Detlefstein schämte sich so sehr und dachte, wenn er dem Volk erlauben würde, die Straßen umzubenennen, dann würde es den Vorfall schnell vergessen.

Er stellte sich auf den Balkon und sprach: »Liebe Bürger und Bürgerinnen!« Das Volk verstummte. »Da ich ein guter König bin, werde ich natürlich dem Wunsch meines Volkes nachgehen: Hiermit erteile ich die Erlaubnis, dass die Straßen umbenannt werden dürfen.«

Alle jubelten, doch der König senkte die Hände, was bedeutete, dass sie verstummen sollten. »Und noch etwas: Ab heute ist Bafuß gehen erlaubt!« Sofort rissen alle die Schuhe vom Fuß, schmissen sie nach allen Seiten weg und liefen fröhlich ihres Weges.

So kamen viele Straßen in Halle zu ihrem Namen. Zum Beispiel: Die Rathausstraße, weil dort das Rathaus stand, ein Student benannte die Märkerstraße, sie sollte eigentlich Merkerstraße heißen, aber er wusste nicht, wie man merken schreibt, die Leipzigerstraße benannte ein römischer Tourist, weil er sich dachte, wenn alle Wege nach Rom führen, wie soll da nicht einer nach Leipzig führen … und noch viele, viele mehr.

Doch da gab es eine Straße, für die keinem ein passender Name einfiel: Die 3. Uwe-Detlef-Grasse. Ratlos standen die Leute in der Straße. Der passendste Name wäre immer noch Schäbigste-Stadt-Straße gewesen.

Um die Gehirnwindungen zu entspannen, gingen die Leute auf ein kleines Bier in das »Gasthaus zum goldenen Uwe". Dort saß eine Alte an der Theke, die erzählte eine Geschichte. Die Geschichte vom Barfußigen Königssohn, die sich in der 3. Uwe-Detlef-Gasse heute zugetragen hatte. Wie der Blitz schlug es auf einmal in die Menschenköpfe ein: Ja, natürlich! Barfüßerstraße!