Beatrice Garske (15)

Die Entscheidung

»Verdammter Mist! Ich kann nicht mehr! Ich will nicht mehr! Ich muss dem Ganzen ein Ende setzen!«

Steffi konnte einfach nicht mehr ohne Stoff, sie wollte ja eigentlich nie mit dem ganzen Drogenzeug anfangen, aber dann war sie wohl doch an die falschen Leute geraten.

Alle ihre Freunde waren auch süchtig.

Naja, und was soll bei einmal Koksen schon passieren? Abhängig werden? Quatsch! Dachte sich auch Steffi… Aber dann konnte sie einfach nicht mehr widerstehen.

Es war so ein schönes Gefühl, sie fühlte sich frei, so frei und unabhängig wie nie. Plötzlich war alles schön, die Leute waren netter, und mit Jungs hatte sie auch kein Problem. Außerdem fühlte sich Steffi so, als würde sie dazu gehören, wenn sie Drogen nimmt.

Man sah es ihr eigentlich nicht an, dass sie in die Drogenszene gehörte. Sie sah gepflegt und anständig aus. Und hübsch war sie ebenfalls. Mit ihrem langen, blonden Haar, der braunen Haut und den leuchtenden Augen, und mit ihrer guten Figur gefiel Steffi auch den Jungs. Sinne für Humor hatte sie außerdem. In der letzten Zeit allerdings nur noch, wenn sie unter dem Einfluss ihrer Drogen stand.

Nun ja, jedenfalls erkannte sie ihr Problem noch selbst, sie musste mit dem Zeug aufhören.

Es machte nur für kurze Zeit glücklich und wenn die Wirkung nachließ, kam Steffi sich so vor, als würde sie in ein tiefes Loch fallen. Sie war total am Boden zerstört und ärgerte sich, dass sie wieder nicht Nein sagen konnte.

Und Geld hatte sie auch keines mehr. Meistens gaben ihr die anderen etwas, so für den Einstieg, aber so langsam hatten sie dazu keine Lust mehr. Sie musste sich also selbst um ihren Stoff kümmern.

Und außerdem, was würde sie machen, wenn ihre Eltern davon erfahren würden? Also gut, sie brauchte eine Lösung. Entziehungskur? Nein, geht nicht heimlich. Das kostete außerdem zu viel. Und ob sie es alleine schaffen würde? Mmhh… sie hatte es schon öfter vor, aber geklappt hatte es nie.

Sie könnte… Sie könnte sich umbringen!

Ob das die beste Entscheidung war?

Für die Eltern und Freunde wäre es sicherlich schwer gewesen. Aber für Steffi? Es war das Leichteste. Nach dem Tod konnte es ja nicht schlimmer werden als jetzt. Im Gegenteil, sie stellte es sich schön vor, leicht und unbeschwerlich. Aber nicht, wie nach dem Koksen oder so. Noch besser halt, ohne das die Wirkung nachlässt.

Selbstmord also. Das war eine gute Entscheidung. Das mit den Eltern löste Steffi mit einem Brief.

Sie schreib ihnen, dass es ihr alles Leid täte und sie es eigentlich nie gewollt hatte, es aber keinen anderen Weg gab. Sie schrieb alle ihre Gedanken auf, teilte den Eltern mit, wie schön es für sie werden würde.

Dann legte Steffi den Brief auf ihr Bett. Dort musste er gefunden werden.

Sie beschloss, dass sie sich von der Brücke stürzen würde. Es würde hoffentlich schnell gehen, der Fluss war reißend, das Wasser war so kalt, dass sie schon vom Schock sterben musste.

Nachts, als alle im Haus schliefen, schlich sie sich hinaus und ging zur Brücke. Es waren ungefähr 20 Minuten zu Fuß. Unterwegs versuchte Steffi, sich keine Gedanken zu machen, einfach nicht nachzudenken.

Endlich war sie angekommen. Sie schaute sich um, ob jemand in der Nähe. Sie konnte sich ja nicht beobachten lassen. Aber sie war ganz allein.

Dann kletterte sie langsam auf das Geländer, erst auf die erste Stange und dann ganz vorsichtig auf die obere. Da stand sie nun unsicher und schwankte hin und her.

Sie kniff die Augen zusammen und… sprang.

Aber sie sprang zurück, auf den Boden. Sie konnte es nicht.

Sie war noch so jung, hatte noch so viel vor sich. Und einen Entzug würde sie sicher auch schaffen.

Mit einem Herzklopfen lief sie nach Hause und zeriss den Zettel für die Eltern. Dann legte sie sich ins Bett, denn es war spät und sie war müde.

Und schließlich hatte sie einen neuen Tag vor sich.