Theodora Bauer (11)

Die rosarote Brille

Freitag, 6. 7. 2001

Hi, Tagebuch!

Seit einer Woche hat meine Freundin eine rosarote Brille auf. Sie sagt, dass sie über die Liebe nachdenken muss, und wenn man eine rosarote Brille aufhat, sieht man alles rosa. Zum Beispiel den Himmel, die Wolken und das Gras. Wenn das, was meine Freundin sagt, stimmen würde, müsste es ja echt ekelhaft sein, alles rosa zu sehen. Meine Oma würde es aber sicherlich nicht ekelhaft finden, denn sie sagte schon immer, sie würde sich einen rosa Pudel wünschen. Also muss ich mir einmal die rosa Brille von meiner Freundin ausborgen und sie meiner Oma aufsetzen. Mal sehen, was sie da sagt. Vielleicht kreischt sie dann wieder laut los, so wie damals, als ich ihren weißen Pudel in knallpinke Haartönung gesteckt hatte? Als die Tönung dann herausgewaschen war, murmelte sie irgendetwas von »naturpink«. Ich denke mir, manchmal hat meine Oma auch ein Blackout, weil, ich habe bis jetzt noch nie einen »naturrosanen« Pudel gesehen.

Nun wieder zurück zu meiner Freundin. Wie gesagt, es hat alles vor einer Woche angefangen, nachdem sie sich »Pearl Harbour« angeschaut hatte. Sie ging verliebt in der Gegend umher und murmelte die ganze Zeit: »Josh Hartnett, oh du mein Liebster!« oder »Mal sehen, wie klingt denn Lisi Hartnett?«. Jetzt beruhigt sie sich schön langsam. Ich würde Lisi gerne einmal fragen, was ihr an diesem Josh so gut gefällt, denn ich finde diesen Typen abgrundtief hässlich.

Sonntag, 8. 7. 2001

Oh du liebes Tagebuch!

Gestern habe ich die Verwirrtheit meiner Freundin bezwungen. Weil mir die ganze Liebesgeschichte furchtbar auf den Keks ging, beendete ich das Ganze, indem ich mir in der Früh eine »Bravo« kaufte, zu meiner besten Freundin ging und ihr den Artikel über Josh Hartnett und seine neue Freundin zeigte. Als erstes fing sie bitterlich an zu weinen, dann reagierte sie wütend, riss die Seite aus dem »Bravo« und zerfetzte sie. Danach sagte sie lange nichts, aber als ich schon in der Tür stand und gehen wollte, rief sie mir zu: »Dann verlieb ich mich halt in den Burschen von nebenan, aber mit dir red ich sowieso nie mehr was! Nie mehr!« Ich murmelte: »Bei dem Buam hast wenigstens a Chance«, und ging.

Aber heute morgen hat sie mich angerufen und Danke gesagt, dass ich ihr die Augen geöffnet hätte, und darum lud sie mich auf ein Eis ein. Jetzt muss ich aber schnell in die Eisdiele. Deswegen werde ich jetzt für heute Schluss machen, also dann: Adios Tagebuch.