Julia Wurzinger (11)

Betreten verboten

»Betreten verboten« stand auf der Tür, die in die alte, verfallene Scheune führte. Sie stand schon viele Jahre dort, und irgendwann würde sie wohl abgerissen werden. Doch im Moment stand sie noch, und es wurde erzählt, daß es in ihr spukte.

Claras Hände zitterten, als sie zum Riegel griff, um das Scheunentor zu öffnen. Sie wurde oft in der Schule als Angsthase verspottet, und deshalb hatte sie zu den anderen Kindern gesagt, daß sie heute Punkt Mitternacht zur Scheune gehen würde, um zu entschlüsseln, was dahinter lag. Das hatte sich bisher noch keiner aus ihrer Klasse getraut.

Knarrend öffnete sich das Scheunentor. Clara knipste ihre Taschenlampe an und leuchtete in die Scheune. Bis auf ein paar Spinnennetze war nichts zu erkennen. Aber das konnte auch daher kommen, daß ihre Taschenlampe schon sehr schwach leuchtete. Zögernd betrat sie die Scheune. Doch als sich nichts tat, wurde Clara mutiger. Mit großen Schritten schritt sie weiter. Da knallte es. Clara drehte sich blitzschnell um. Aber es war nur das Scheunentor gewesen, das zugeschlagen war. Plötzlich hörte sie ein kreischendes Geräusch, das von oben kam.

Wenn ich schon mal hier bin –, dachte Clara, und betrachtete prüfend die Leiter, die zur Dachkammer führte. Langsam wollte sie auf die erste Sprosse steigen. Doch kaum hatte sie diese berührt, zerfiel sie unter ihr zu Staub. Aber da die anderen Sprossen noch etwas stabiler aussahen, wagte Clara den Aufstieg. Oben angekommen, schaute sie sich zuerst einmal um. Dann setzte sie jeden Schritt vorsichtig, denn das morsche Holz konnte bestimmt leicht brechen. Da erlosch auch noch das Licht Ihrer Taschenlampe. Warum immer, wenn ich dich am nötigsten brauche, sagte sie zur Lampe, die sie jetzt völlig unnötig in der Hand hielt.

In einer Ecke der Dachkammer sah sie zwei Augen leuchten, die langsam auf sie zuflogen. Clara machte einen Schritt rückwärts und stolperte über einen alten Schuh, der am Boden lag. Krachend flog sie auf den Holzboden, der unter ihr nachgab. Über sich sah sie noch eine Eule davonfliegen, bevor sie immer tiefer und tiefer in ein endloses Schwarz versank.

Ring – ring ... Mit einem Ruck setzte sich Clara in ihrem Bett auf und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Dann sah sie zum Wecker – was ?! Halb acht, ihre Schule fing um viertel vor acht an, und normalerweise stand sie schon um halb sieben auf. Na warte, dachte sie grimmig, denn auf so blöde Streiche kam nur ihre kleine Schwester. Schlecht gelaunt ging sie aus ihrem Zimmer und schlug die Tür hinter sich zu – da hing ein Zettel – auf dem stand:

»Betreten verboten!«