Anton Maurer (10)

Die schreckliche Mondexpedition, die am Mars stattfand

Unsere Geschichte spielt im Jahr 2015. Da ist es schon etwas ganz Alltägliches, zum Mond zu fliegen.

Eines Tages fragte mein Freund Isidor: »Hättest du nicht Lust, mit mir eine Mondpartie zu machen?«

Da ich erst 5 000 mal am Mond gewesen war, willigte ich ein, und schon tags darauf ging es los. Als ich zu Isidors Privatflughafen spazierte, wusste ich noch nicht, welche Gefahren mir bevorstanden, denn ich pfiff fröhlich vor mich hin. Doch als ich Isidors Mondrakete sah, verging mir das Lachen. Sie war drei Meter hoch und knappe zwei Meter breit. Mit solch einem Miniaturgefährt bis zum Mond? Das schien mir unmöglich.

Doch Isidor meinte seelenruhig: »Deine sogenannte Miniaturrakete ist meine neueste Erfindung, und du kannst dich darauf verlassen, dass sie uns sicher zum Mond bringen wird.« Als er mein zweifelndes Gesicht sah, meinte er kühl: »Ich werde dir beweisen, dass ich ein guter Erfinder bin. Und jetzt steig ein!«

Ich zog es vor zu gehorchen und bekam einen neuen Schreck. Der enge Raum der Rakete war vollgestopft mit Isidors anderen Freunden. Nur widerwillig quetschte ich mich dazu. Als nach zehn Minuten noch immer nichts passiert war, überlegte ich, ob ich nach Hause gehen sollte, um mir einen Fernsehkrimi anzusehen. Da ertönte plötzlich eine heisere Stimme: »10, 9, 8, 7…«

Ich fuhr herum und entdeckte oberhalb der Einstiegsluke einen kleinen Lautsprecher.

»… 6, 5, 4, 3, 2, 1, LOS!« Es gab einen Knall, die Maschine wurde durchgerüttelt (Wobei einer von Isidors Freunden beinahe seine Zigarre verschluckte.) Dann sah ich durch ein Bullauge, wie sich die Rakete in die Luft erhob…

Eine halbe Stunde später fragte ich Isidor: »Der Tank müsste doch längst leer sein?!«

»Diese Rakete wird nicht mit normalem Sauerstoff, sondern mit gepresstem Helium betrieben«, belehrte mich Isidor und warf sich stolz in die Brust, »man muss nur seine grauen Zellen arbeiten lassen!«

Ich staunte. Wenn das so war, dann konnte Isidors Erfindung doch gar nicht so unbedeutend sein. Eine Weile später beunruhigte mich etwas Neues. »Isidor«, fragte ich, »Die Rakete ist doch viel zu klein für so viele Raumanzüge. Wie sollen wir da den Mond betreten?«

»Wirst schon sehen«, antwortete mein Freund jetzt schon ziemlich bissig, »ich kann eben auch etwas anderes als heliumbetriebene Raketen erfinden. Außerdem sollst du nicht soviel fragen, du Dickschädel.«

Empört dachte ich: Nimmt mir der meine Zweifel noch immer übel, oder was?

Kurze Zeit später rief Isidor bestürzt: »Du meine Güte. Jetzt spielen die Elektronenanzeigen verrückt. Das bedeutet, dass wir zu nahe am Mars sind, und den selben auch noch erreichen müssen. Der Tank ist gleich leer!«

Doch in diesem Augenblick stand das Raumschiff auch schon still. Entsetzen machte sich breit. Isidor sendete ein SOS nach dem anderen, und einer seiner Freunde fluchte wie verrückt, doch es nützte nichts.

Da hatte ich einen Geistesblitz. Ich rief: »Wenn wir alle springen, fällt die Rakete vielleicht nach unten und schlägt am Mars auf.«

Eine Zeit lang war es still, dann rief Isidor: »Genau, das machen wir!«

Ich war der gefeierte Held der Sekunde, denn in der nächsten sprangen wir schon alle wie besessen. Und wirklich; langsam setzte sich unser Gefährt in Bewegung, und wenige Minuten später schlugen wir am Mars auf.

Ich wollte schon die Luke öffnen, doch Isidor hielt mich zurück. »Du vergisst, dass es am Mars keine Luft gibt.« Er zog er eine grüne Sprayflasche hervor und besprühte uns alle damit. Es roch zwar eklig, aber es wirkte. Als wir ausgestiegen waren, konnten wir atmen. Am Mars!

Doch es blieb uns nicht viel Zeit zum Staunen, denn schon standen zwei grüne Männchen vor uns, wie aus dem Boden gewachsen. Das eine schnarrte mit Computerstimme: »Ich habe den allerhöchsten Befehl seiner königlichen Majestät, Sie zu bringen.«

Stumm trappten wir in die Richtung, die uns die Männchen wiesen. Und zwei Minuten später standen wir vor Seiner Majestät, die uns hass- und zornerfüllt anbrüllte: »Ihrrrr habt die Frrrechheit, mein Rrreich zu betrrrreten. Werrr das wagt, wirrd mit dem Tod bestrrrraft.« Und zu den zwei Marsianern sagte er: »Werrrrft sie in das Loch und seht zu, dass sie nicht mehrrrr herrrauskommen!«

Vor Schreck vergaßen wir ganz, uns über das gerollte ‚R‘ zu wundem. Denn auf einen Pfiff des Königs erschienen noch zehn weitere von diesen grünen Gurken. Sie nahmen uns in die Mitte und schleppten uns davon. Vor einem Loch in der Erde machten sie halt und warfen uns hinein. Einer von Isidors Freunden wehrte sich und bekam daraufhin einen derartig heftigen Kolbenhieb, dass er bewusstlos in das Loch fiel.

Die Öffnung war der Anfang eines unterirdischen Ganges. Wir taumelten hinein. Doch der Bewusstlose war nicht schnell genug. Ein Stein von oben bedeutete sein Ende. Wir anderen rasten entsetzt in den Gang hinein. Doch da versperrte uns ein Skelett den Weg, dessen roter Totenschädel ganz widerlich grinste. Es hatte ein Schwert in der Hand. Aber es schien uns gar nicht zu beachten. Doch plötzlich packte es den letzten von uns und drehte ihm langsam, aber unerbittlich das Handgelenk herum. Dann ließ es von seinem wehrlosen Opfer ab, sprang nach hinten und schlug dem Unglücklichen den Kopf ab.

Wie von Sinnen stürmten wir anderen acht weiter. Doch nach einer Weile bemerkten wir, dass wir nur mehr sieben waren. Eine bange Ahnung stieg in mir auf. Wir drehten uns um und sahen … die Leiche – aufgespießt auf einem Pfahl. Schaudernd liefen wir ein weiteres Stück des Weges, um dort Kriegsrat abzuhalten. Doch sogar davon wurden wir aufgeschreckt, als es einen Steinhagel gab, der wiederum einen von uns forderte.

Sechs waren wir noch. Zitternd liefen wir weiter, mit dem Plan, nun gar nicht mehr stehenzubleiben. Doch wir kamen nicht weit. Nach wenigen Minuten gab es wieder einen Zwischenfall. Aus der Wand schossen plötzlich Messer. Blutüberströmt sank der Fünfte tot zusammen. Nach einer Weile tat sich plötzlich ein Loch auf, in dem drei weitere verschwanden. Mit gellendem Schrei stürzten sie in die Tiefe. Einer konnte sich mit den Fingern der linken Hand festhalten. Doch da erschien ein Ritter ohne Kopf und stieg ihm auf die Finger. Auch er tauchte ab. Die Blechkiste schickte den dreien noch ein dröhnendes Lachen hinterher, dann löste sie sich in Luft auf. Ich und Isidor blickten uns hilflos an. Wie sollten wir das auf die Dauer überleben?

Da stand plötzlich, wie aus dem Boden gewachsen, ein alter, knorriger Greis auf, der offensichtlich verrückt war. Er tippte sich an die Stirn und fragte liebenswürdig: »Hu-hu Putzimännchen. Hicks. Verzeihung. Hu-hu, Putzimännchens wissen wollen, hicks. Verzeihung! Wo es hinaus geht? Hi-hicks?« Danach starrte er uns unentwegt lauernd an. (Einen Rausch hatte der Alte also auch!)

Ich brachte kein Wort heraus. Aber Isidor hatte die Chance sofort erkannt. »Ja«, meinte er, »wir wollen gerne wissen, wo es hier hinaus geht. Wären Sie so nett, und zeigen uns den Weg hinaus?«

Der Alte ließ eine Lachsalve ertönen, die in einen Hustenanfall überging, und röhrte: »Hu-hicks. Freilich zeige ich Putzimännleins den Ausgang. Hicks! Verzeihung. Aber nur gegen eine Flasche – hicks – Zaubertrank. Okay?«

»Ja, Sie sollen Ihren Zaubertrank bekommen, wenn sie uns hinausführen«, log ich rasch, denn ich hatte keine Ahnung, worum es ging. Der Alte schien’s zufrieden und hüpfte vor uns her.

Plötzlich erschien ein Skelett, dass sein Maschinengewehr genau auf uns gerichtet hatte. Doch als es den Alten erblickte (Hicks! Verzeihung.) verschwand es sofort wieder. Auch die folgenden Übel verschwanden entweder, oder lösten sich in Luft auf, wenn sie den Alten erblickten. Dieser Verrückte schien sehr fröhlich, denn er grölte ‚Alle meine Entchen‘ und hüpfte herum. Und nach wenigen Minuten sahen wir Tageslicht! Erleichtert liefen wir darauf zu. Doch der Alte stellte sich uns in den Weg, und forderte die Flasche Zaubertrank.

In seiner Ratlosigkeit fingerte Isidor eine Flasche Zuckerrohrschnaps aus seinem Rucksack und gab sie dem Alten. Dieser stürzte die Flasche in einem Zug hinunter – und stürzte ohnmächtig zu Boden. Eine Einliterflasche hundertprozentiger Alkohol wirft einen Siebzigjährigen eben um. Wir hörten noch ein ‚Hicks!‘ Dann waren wir schon auf und davon.

»Eines schwöre ich dir«, meinte Isidor erschöpft, als wir ablegten.

»Und zwar?« krächzte ich.

»Dass dies meine erste und letzte Fahrt zum Mars gewesen ist!«

Ich dachte eine Weile nach, dann sagte ich: »Und meine selbstverständlich auch!«