Anton Maurer (10)

Das Schreckensteiner Schlossgespenst

22:03 Uhr. Inspektor Röhling saß in seinem Büro und las gelangweilt die Zeitung. Da schrillte das Telephon. Röhling hob den Hörer ab und witzelte: »Polizei – wo brennt’s?«

Eine heisere Stimme krächzte: »Es brennt nicht, sondern es spukt. B-bitte kommen S-sie schnell auf B-burg-Schreckenstei-stein. Ei-ein G-geist treibt s-sein Unwe-esen. E-er zertrümmert m-mein Geschirr u-und überhaup-pt… B-bitte glauben Sie m-mir, k-komnen Sie so-fort.«

Die Stimme überschlug sich, und der Anrufer legte auf.

»Ein mysteriöser Fall«, brummte der Inspektor und kratzte sich am Ohr. Die Stimme des Anrufers hatte ihn sofort überzeugt. Er sprang in seinen Ferrari(!) und fuhr mit Vollgas zum Schloss.

Erleichtert kam ihm der Mann entgegen. »Gut, dass Sie so schnell gekommen sind, Herr Inspektor. K-kommen Sie mit, ich führe Sie.«

Geduckt schlichen sie durch das Schloss. Eine Gänsehaut kroch Röhling über den Rücken. »Schaf«, schalt er sich selber, »was soll da schon groß passieren?«

»Achtung«, flüsterte der Verwalter, »wir sind schon ziemlich nahe!«

Als sie um die nächste Ecke bogen, hörten sie ein unheimliches Gelächter. Und da sah Röhling das Gespenst! Es war durchsichtig und hatte einen gelb schimmernden Kopf. Langsam und leise kichernd näherte es sich Inspektor Röhling. Rote Herzen schwirrten aus den Gespensteraugen. Es baute sich vor Röhling auf, grinste und fragte: »Willst du mich? Ich verspreche, dass ich stets treu…«

Blitzschnell zog Röhling seinen Revolver und schoss. Doch die Kugel flog durch das Gespenst hindurch und zerschellte an der Mauer. Die Gesichtsfarbe des Gespenstes wechselte auf ziegelrot. Es kreischte: »Du willst mich also nicht? Bin ich dir nicht gut genug? Na warte nur, jetzt bist du deines Lebens nicht mehr sicher!« Es packte den Polizisten am Kragen und schwebte mit ihm Richtung Fenster.

Da hatte er die rettende Idee. »Knoblauch«, rief er dem zitternden Verwalter zu. »Holen Sie sofort ein Bündel Knoblauch!«

Wie ein Schnellzug raste der Verwalter in Richtung Küche. Das Gespenst ließ Röhling fallen und wollte durch das Fenster entwischen. Doch schon war der Verwalter zurück und warf dem Gespenst ein Bündel Knoblauch an die Nase.

»N-nein, keinen Knoblauch – nicht – bitte!« Das Gespenst heulte wie ein Wirbelsturm vor Entsetzen. Doch es ist allgemein bekannt, was mit Gespenstern passiert, die Knoblauch gerochen haben. Das Gespenst stieß schrille Schreie aus und wechselte mit rasender Geschwindigkeit die Gesichtsfarbe. Es wurde sehr schnell kleiner, und auch die Gesichtsfarbe wurde immer blasser. Schließlich löste es sich in Luft auf.

Dankbar schüttelte Inspektor Röhling dem Burgverwalter die Hand. »Das war Hilfe in letzter Sekunde!« bedankte er sich.

»Nichts zu danken«, wehrte der Verwalter ab. »Ohne Ihre Hilfe würde das Gespenst hier noch immer herumspuken.«

Inspektor Röhling schauderte bei dem Gedanken. Und dann saßen sie noch eine Stunde beisammen und tranken auf das dümmste Burggespenst der Welt.