Ariane Füßl (11)

Das zweite Gesicht

Ich ging an einem schönen Sommerabend spazieren. Da es ein warmer Abend war, beschloss ich, zum See zu gehen und noch eine Runde zu schwimmen. Ich hatte aber die ganze Zeit das Gefühl, dass mir jemand folgte. »Ach, was ich mir immer Blödes einbilde«, sagte ich mir leise vor, um mich selbst zu beruhigen.

Als ich dann im Wasser planschte, hatte ich meinen Verdacht längst wieder vergessen. Da Vollmond war, spiegelte sich alles im Wasser. Also lehnte ich mich über den Steg und betrachtete mich genau. Plötzlich erschrak ich furchtbar. Ein zweites Gesicht war neben mir aufgetaucht. In der Panik ließ ich mich ins Wasser fallen und versuchte, möglichst lange unten zu bleiben.

Doch was soll’s, nach ein paar Sekunden musste ich wieder an die Oberfläche. Prustend tauchte ich auf und sah meinen älteren Bruder, der sich vor Lachen bog. »Rache ist süß!« schrie er die ganze Zeit. Ich hatte nämlich am Vortag in der Früh, als er noch im Bett lag, kaltes Wasser über ihn geschüttet, weil er nicht aufstand. Darum war er mir jetzt gefolgt, um mir einen Schrecken einzujagen. »Na warte!« schrie ich, sprang aus dem Wasser und lief schimpfend hinter meinem Bruder her.