Eva Maria Fleissner (13)

Schwein gehabt

Oh Gott! Das muss auch immer nur mir passieren. Da zeigt sich wieder einmal, wie es einem ergehen kann, wenn man seinen Mund nicht halten kann. Ich hätte mir doch nie gedacht, dass sich meine Schwester wirklich in ein Schwein verwandelt, wenn ich es mir wünsche. Das heißt, ihr äußeres Erscheinungsbild ist natürlich immer noch das eines Menschen, doch sie benimmt sich wie ein Schwein. Und das alles nur wegen eines Streites, bei dem es eigentlich nur um das Vorrecht zum Duschen ging. Da kann es schon einmal passieren, dass einem ein Wort herausrutscht, das ja eigentlich nicht so gemeint war. Und gestern tauchten auch schon die ersten Probleme damit auf.

Da es letzte Woche viel geregnet hatte und jetzt wieder die Sonne schien, beschlossen meine kleine Schwester und ich, einen Spaziergang in der frischen Luft zu machen. Wir waren gerade im Wald angelangt, als Verena zufällig ein Schlammloch entdeckte. Sie ließ meine Hand los und rannte zum Schlammloch, in das sie sich sofort hineinlegte und sich genüsslich darin wälzte. Ich versuchte natürlich, sie davon abzuhalten, doch meine zahlreichen Versuche blieben leider erfolglos. Zu allem Überfluß kam dann noch unsere Nachbarin und verfolgte das Spektakel erstaunt mit. Als meine Schwester ihr Schlammbad endlich beendet hatte, war sie am ganzen Körper mit Dreck bedeckt und mir blieb nichts anderes übrig, als mit ihr nach Hause zu gehen und sie zu waschen. Meine Mutter, der die geschwätzige Nachbarin alles berichtet hatte, beschwerte sich wie immer über unser unvorteilhaftes Benehmen und gab uns zur Strafe eine Woche Hausarrest. Gott sei dank mußte sie gerade in dieser Woche an einer Betriebsreise teilnehmen, doch auf uns sollte schon eine Haushälterin aufpassen. Leider war der peinliche Zwischenfall im Wald nicht der einzige geblieben.

Unsere Haushälterin, die nichts anderes zu tun hatte, als uns mit Arbeit einzudecken und sich selbst vor den Fernseher zu setzen, befahl mir, heute den Abwasch zu erledigen und so blieb mir keine Zeit, auf die Machenschaften meiner Schwester zu achten. Während ich mich mit dem schmutzigen Geschirr plagte, machte sie sich an den Biomüll heran, den sie auf unserem Wohnzimmerteppich ausleerte, um vielleicht noch einige Dinge herauszufischen. Als ich mit dem Abwasch fertig war und mich wieder ganz ihr widmen wollte, war es natürlich schon zu spät. Das ganze Wohnzimmer sah im wahrsten Sinne des Wortes aus, wie ein Schweinestall. Überall lagen große und kleine Speisereste herum. Sogar auf der Lampe konnte ich Bananenschalen und Salatblätter entdecken. Ich stieß einen Schreckensschrei aus, der von der Haushälterin natürlich nicht ungehört blieb. Schnell rannte sie ins Wohnzimmer. Es kam noch schlimmer, als ich es mir erwartet hatte. Auch sie schrie –wenn möglich noch lauter als ich-

Und wir, das heißt meine Schwester und ich , taten wohl recht, wenn wir ihren unartikulierten Lauten entnahmen, dass sie uns nicht mehr zu sehen wünschte. Und so gingen wir auf unser gemeinsames Zimmer. Dort geschah das Unfaßbare. Ich bekam einen Wutanfall. Das konnte nicht so weitergehen. Verena ruinierte das ganze Haus, und ich konnte natürlich auch nicht immer aufpassen. Ich wünschte mir nichts sehnlichster, als dass sich meine Schwester wieder wie ein normaler Mensch benimmt. Und, oh Wunder dieser Wunsch wurde mir erfüllt. Im Laufe der nächsten Tage wurde Verena geistig wieder zu einem Menschen, und ich beschloß, in nächster Zeit besser zu überlegen, bevor ich mir Dinge wünschte, die auch für mich nur Nachteile bedeuteten.