Laura Bragagna (10)

Immer Nachbars Katze

Ja, es war immer das graue, schwarz gestreifte, struppige Wollknäuel. Ich sah fern, als plötzlich nur noch ein verschwommenes Bild zu sehen war. Ich murmelte vor mich hin: »Nicht schon wieder! Dieses Mistding!« Das gereizte Murmeln wurde zu einem lauten Fluchen. Ich stampfte noch einmal laut auf den Boden und ging dann zur Garderobe. Zischend zog ich mir die Jacke und Schuhe an und ging nach draußen.

»Mimimimimiez! Na, komm schon vom Dach!«

Die Katze rührte sich nicht vom Fleck. Irgendwie kam es mir so vor, als ob sie mir die Zunge zeigte.

»Na, warte! Dir zeig ich’s!« Ich rannte in den Keller, nahm die Leiter und stieg darauf. Rumms! Als erstes fiel ich mit der Leiter um. Zum Glück hatte mich niemand gesehen. »Oh, oh … n-nein! Hab’ noch dazu Höhenangst!« Ich nahm allen Mut zusammen und kletterte auf die wackelige Leiter – es war mir gerade erst aufgefallen, dass sie wackelig war. Das letzte Mal war ich auf die Leiter gestiegen, als ich noch ein kleines Kind war und mit einem »Rumms!« herunterfiel. Daher meine Scheu vor Leitern.

»Angekommen! Fast. Noch ein kleines Stück!« Beim Schornstein. Daneben. Auf der Fernsehantenne. Ja, genau da saß das dumme Viech von Katze. Es sah mich gemein grinsend an. Ich stellte mich, so gut ich konnte, auf die Zehenspitzen. Doch sinnlos. »Ich hätte in den Ballettkurs gehen sollen. Also gut, Kätzchen!« Mein Blick fiel auf die Leiter. »He, he!« Ich wollte die Leiter zu mir hochziehen und mit ihr zu der Katze klettern.

Kracks! Passiert. Die fette Katze hatte mit ihrem Übergewicht die Antenne völlig verbogen. »Ich hätte mir den Werkzeugkasten mitnehmen sollen«, sagte ich grummelnd. »Dich ess’ ich auf, wenn ich raufkomm«, sagte ich zur Katze und zog an der Leiter. Die Katze sah mich hochnäsig an. Das machte mich so wütend, dass ich die Leiter losließ und mit meinen Händen in der Luft herumfuchtelte. Hätte ich das bloß nicht getan! Die Leiter rutschte einfach auf den Boden.

»Neiiiiin!« Ich kochte vor Wut. Ich griff nach dem Ende der Antenne, die durch den Speck der Katze zu mir herunterhing. »Hehe!« Mit meiner ganzen Wut vergaß ich die Höhenangst und kletterte zu der Katze. »Mach Platz, du fettes Vieh!« rief ich, als ich oben ankam. Ich stürzte mich auf die Katze.

Doch dass so ein faules Kätzchen so wild und so schnell sein kann und noch dazu wehtut, hätte ich mir nicht gedacht. Wir beide wälzten uns auf dem Dach, wie zwei spielende Hunde, äh Katzen, bis wir »aua!«, »fauch!« unsanft auf dem Boden landeten. Peinlich war das. Und, oh! Ich hatte leider etwas nicht bemerkt. Hinter mir kicherten der Nachbar und seine Frau.

»Ich … äh, ich sah, dass sich ihr Kätzchen in meiner Antenne verhedderte! Ich musste es retten, wo ich doch eine sooo große Tierfreundin bin«, log ich den Nachbarn vor.

»Ist sie nicht fabelhaft, Schatz?!« sagte die Nachbarsfrau entzückt.

»Ja. Und wenn sie will, kann sie Kitty immer wieder vom Dach holen. Wir würden sie auch bezahlen.«

»N-nein danke! Ich muss nämlich morgen nach Afrika, Elefanten retten. Auf Wiederseh’n!«