Schreibzeit Graz II 2003 – Tagebuch

 

Samstag, 19. Juli 2003

AUFSTEHEN VINCENT, so tönte es schon seit sechs Uhr. Um 06.16 Uhr stand ich dann endlich auf und begab mich ins Bad und wusch mich. Dann ging ich in die Küche. Später fuhren wir nach Jena, aufgeregt den Verkehrsfunk hörend, dass wir auf keinen Fall in den Stau kommen. Wir waren eine Stunde früher in Jena, als wir gemusst hätten; diese Zeit hatten wir eingeplant, falls wir in den Stau kommen oder sonst wie aufgehalten würden.
Wir liefen zum Bahnhof und schauten auf den Wagenstandsanzeiger, um zu sehen, wo der Zug hält. Dort sahen wir aber auch, dass es zwei Bordbistro gibt, und nun wussten wir nicht, in welchem Bordbistro ich Frau Krbek treffen sollte. Also schickte ich ihr eine SMS, in der ich sie fragte, in welchem Bordbistro sie wäre. Als es nur noch eine viertel Stunde bis zur Einfahrt des Zuges war, erhielt ich die Antwort, dass sie in Wagen 29 ist.
Dann kam der Zug an, ich stieg ein und wurde sofort von Frau Krbek erkannt (ich hatte mein Jugend-schreibt-T-Shirt an) und begrüßt. Sie brachte mich zu unseren Plätzen. Dort hörte ich erst einmal Radio, bis ich Anzeichen von Übelkeit verspürte, die immer stärker wurden. Als sie sehr stark waren, wankte ich zur Toilette. Dort angekommen merkte ich, dass die Toilette verschlossen war. Also erbrach mein Magen gegen meinen Willen auf den Boden und auf meinen rechten Schuh. Sofort eilte ein Schaffner der Deutschen Bahn herbei, fragte mich, wie es mir geht und gab mir eine Tüte, falls ich noch mal brechen müsste. Dann ging er sich um die Reinigung kümmern und ich auf meinen Platz.
Als Frau Krbek wieder zurück kam, forderte sie mich auf, erst mal den Schuh in die Tüte zu stecken, weil der bestialisch stank. Wir könnten ihn ja ihm nächsten Bahnhof waschen. Dort angekommen hatten wir erst mal eine Dreiviertel Stunde Pause. In der Pause ging ich auf Toilette (Preis 1€), um meinen Schuh zu reinigen. Als ich anfing, den Schuh überm Waschbecken auszuspülen, kam sofort der Klomanager und forderte mich auf, sofort die Toilette zu verlassen, weil das so einen schlechten Eindruck macht, wenn einer auf seinem Klo den Schuh ausspült. Die folgende Zugfahrt verbrachte ich ausschließlich mit Radio Hören und Schlafen.
Der nächste Bahnhof befand sich schon in Österreich. Dort beobachtete ich die Leute, was sie machten, wenn sie sahen, dass ich nur einen Schuh anhatte, und das Bahnhofsteam, das in heller Aufregung war, weil ein Reiseführer einen von ihnen beschimpft hatte. Als wir wieder in unserem Zug waren, trafen wir einen – der Boden erzitterte unter seinem Gewicht, er brauchte zwei Plätze für sich und hatte eine ziemlich feuchte Aussprache. Es war ein dicker englischer Akademiker. Dessen Gespräch mit uns verlief etwa so:
ICH: Guten Tag.
ER: Guten Tag. Woher kommst du denn?
ICH: Ich komme aus Erfurt.
ER: Ah, Erfurt, malerische Stadt. Ich hab dort mal gearbeitet. Ist die kleine Gasse jetzt renoviert?
ICH (die Reste seines Pfirsichs von meinem Arm wischend): Welche kleine Gasse?
ER: Na, die von diesem Platz zur Gera.
ICH: In Erfurt gibt es viele kleine Gassen von Plätzen zur Gera.
ER: Und woher kommen Sie?
FRAU KRBEK: Ich komme aus Berlin.
ER: Ah, Berlin, malerische Stadt. Ich hab dort mal gearbeitet.
Trotz dieses abwechslungsreichen Gesprächs war ich froh, als die Ansagestimme verkündete:
»Nächster Halt: Graz Hauptbahnhof«.
Von dort aus nahmen wir uns nur noch ein Taxi und fuhren zur Schreibwerkstatt. Am Abend spielten wir Kennenlernspiele, wo man sich gegenseitig nach seinem Namen fragen musste, selbst wenn man den schon wusste. Als das hinter sich gebracht war, mussten wir auf unsere Zimmer: Bettruhe, obwohl man von Ruhe nicht reden konnte.

Vincent

Es war Samstag, und ich war um ca. 12 Uhr aufgewacht. Um fünf Uhr fuhren wir dann los. Da ich aus Leibnitz bin, konnte ich mit dem Auto ins Kinderdorf kommen. Ich war schon sehr gespannt darauf, wie das Kinderdorf aussieht, und was man dort alles machen kann. Nach einer Stunde kamen wir endlich im Anton-Afritsch-Kinderdorf in Graz an. Um in mein Zimmer zu gelangen, musste ich eine lange Stiege hinaufgehen. Ich war der Dritte im Zimmer. Die anderen Zwei kamen erst später. Schon nach einigen Minuten mussten wir zum Abendessen. Es gab Würste mit Ketschup und Senf. Nach dem Abendessen gingen wir wieder zurück ins Kinderdorf, weil das Essen immer in einem anderen Haus stattfand. Am späteren Abend spielten wir einige Kennenlernspiele, die ich nicht sehr lustig fand. Trotzdem war ich mir sicher, dass es eine sehr lustige Woche wird.

Daniel

Sonntag, 20. Juli 2003

Unser Wecker klingelt wirklich laut,
sodass es uns aus den Betten haut.
Überhaupt nicht müde stehen wir auf
und gehen gemeinsam zum Frühstück rauf.
Zum Essen gibt es Marmelade und Kaffee,
aber auch Honig und etwas Tee.
Nach dem Frühstück wird geschrieben
und im »Bauernhaus« geblieben.
Etwas später gehen wir zum Pool,
das finden wir wirklich cool.
Zu Mittag setzen wir uns bequem
und warten auf unsre Gemüsecreme.
Dann kommen Rostbraten, Kroketten und Eis;
Gott sei dank kein Mais.
Am Nachmittag werden Texte besprochen
und ein Versprechen (von Vincent) gebrochen.
Kalte Platte gibt's zum Abendessen,
das haben wir noch nicht vergessen.
Textbesprechung - welch ein Graus,
die hängt uns schon zum Halse raus.
Dann heißt es ab in die Stübchen,
wir dürfen nicht mehr ärgern die Bübchen.

Lena, Petra & Beatrix

Montag, 21. Juli 2003

Im Gegensatz zum gestrigen Tag war es heute Morgen erstaunlich ruhig in den Gängen.
Nach der täglichen Morgengymnastik, die daraus bestand, dass wir 380 Schritte bergauf gehen mussten, versammelten wir uns alle im Frühstücksraum.
Heute bekamen wir zur Abwechslung einmal keine Themen, wir machten ein Schreibspiel, das sehr lustig war. Danach hatten wir noch eine Weile Freizeit.
Gegen Mittag marschierten wir alle voller Tatendrang an die Haltestelle des GKB-Busses, wo wir allerdings ziemlich lange auf unser Fahrzeug warten mussten. Es brachte uns zum Grazer Bahnhof, wo wir in die Strassenbahn umstiegen.
Bald darauf sassen wir im Gemeinderatssaal des Rathauses. Der Vertreter des Bürgermeisters hielt eine ziemlich kurze Rede, danach lasen drei von uns ihre Texte vom Sonntag vor.
Das Buffet, das mit leckeren Schnittchen und Getränken bedeckt war, erwartete uns bereits im Nebenzimmer. Eine Weile lang assen wir schweigend und bestaunten die schöne Aussicht auf den Hauptplatz.
Bald verstreuten sich alle Zweiergrüppchen in verschiedene Richtungen. Jede Gruppe bekam einen Stadtplan mit einer eingezeichneten Gasse oder einem Platz zugeteilt. Wir bekamen die Aufgabe, uns von der Umgebung dort zu einer Geschichte inspirieren zu lassen. Anscheinend war das für niemanden ein Problem, und daher war noch genügend Zeit, um ein bisschen Shoppen zu gehen.
Bei der Rückfahrt waren alle sehr müde und verschwitzt. Auch die kleine Wanderung zum Schluss war eine richtige Qual.
Der Swimminggpool war genau die richtige Abkühlung, und wir hatten eine Menge Spass.
Wieder etwas frischer, erschienen wir beim Nachtessen.
Eine Weile später trafen wir uns im Gemeinschaftsraum zur Textbesprechung. Heute ging es aber ein bisschen schneller als gestern, weil ein paar Leute noch nicht fertig waren mit ihren Geschichten.
Um 22 Uhr war dann Bettruhe, wobei es im Treppenhaus noch etwas länger laut war.

Silja, Line und Zissy

Dienstag, 22. Juli

In der Früh wurden wir von Betreuerin Maria geweckt.
Sehr müde und mit wenig Freude standen wir auf und gingen unsere Zähne putzen.
Jetzt ging es zum Frühstück.
Es gab Kornspitze und Weißbrot, Marmelade und Honig. Zu trinken gab es Milch, Kakao und herrlichen Orangensaft.
Danach hatten wir endlich wieder einmal Freizeit. Denn wir freuten uns auf jede freie Minute die wir hatten. Wir spielten Kuhhandel und hatten viel Spaß.
Dann setzten wir uns in die Bauerstube um und lasen die restlichen Geschichten von dem gestrigen Stadtbummel vor. Dann gingen wir unsere Geschichten schreiben, die wir am letztem Tag nicht fertig bekommen hatten.
Wir schrieben unsere Texte am Computer und gingen anschließend zm Mittagessen.

Es gab Hühnchen und Pommes frites. Für Vegetarier gab es Gebackene Pilze bzw. Gurken und Salat. Zu trinken gab es Apfelsaft und Mineralwasser.
Danach war wieder Freizeit wir spielten wie immer Kuhhandel.
Dann packten wir die Badesachen, und gingen schwimmen. Wir bliesen einen Wasserball auf und spielten Buben gegen Mädchen. Es ging darum, den Ball möglichst lange in seiner Gruppe zu behalten. Dabei wurde gekniffen und getaucht.
Frisch und munter gingen wir darauf eine halbe Stunde später zum Abendessen. Es gab Ravioli und, wie immer, Salat. Dann wurden Süßigkeiten ausgeteilt, damit wir die letzte qualvolle Textbesprechung überleben konnten, und auch eine einfallsreiche Kritik abgaben. Als wir von den Sesseln aufstanden, brachen alle in Jubel auf. Um 22 Uhr hieß es: Bettruhe! Eingehalten wurde sie nicht, so hatten die Betreuer viel zu tun.

Steffi, Ellie und Lukas

Mittwoch, 23. Juli 2003

Psst! Streng geheim. Nicht an Martin, Anna oder Maria weiter sagen! Wenn ihr das schwört, könnt ihr weiter lesen.
Es ist 2.00 Uhr in der Früh. Wir (Dori, Beatrix, Petra, Rachele, Vincent, Steffi, Elisabeth und ich) sind gerade beim Flaschendrehen. Eigentlich sind Petra, Beatrix, Elisabeth und Steffi nur gekommen, weil es so blitzte und donnerte, und sie schrecklich Angst hatten. Natürlich machten wir uns gleich einen netten Abend. Wir haben Decken auf den Boden gelegt, damit alle bei uns im Zimmer übernachten können. 4.00 Uhr früh: Rachele beschließt, dass wir jetzt alle schlafen gehen. Na gut.
7.00 Uhr früh: Gähn, ich bin müde! Schnell alle in ihre Zimmer (braucht ja niemand wissen, dass sie die ganze Nacht bei uns waren.) Wir räumen unseren Schlafplatz auf, und tun dann so, als wären wir die ganze Nacht brav in unseren Betten gelegen. Lena kommt grinsend herauf: Sie hat die ganze Nacht geschlafen und ist gar nicht müde. Aber was sie dafür verpasst hat …
An Martin, Anna und Maria: Falls ihr von diesem Geschriebenem doch Wind bekommt: jetzt ist es zum Schimpfen zu spät!
8.30 Uhr in der Früh: Frühstücken, wie jeden Tag. Lena grinst immer noch dämlich vor sich hin, während sie uns beim lustlosen »Cornflakes rühren« zusieht.
Nach dem Frühstück begleite ich Petra zum Spielplatz. Allerdings bereue ich das nach einigen Minuten wieder, als Vincent mir meine Mütze stiehlt und einfach damit davon läuft.
9.30: Juchhu! Ich hab meine Mütze wieder, nur leider brauch ich sie momentan nicht. Es ist nämlich »Treffzeit«: Anna sagt uns, was wir tun sollen. Aaha, Texte tippen, Leseprobe und so weiter. Natürlich machen wir nicht das, was wir tun sollen. Wir sperren lieber Vincent in den Schrank und lassen ihn »Den kleinen grünen Kaktus« singen. Auch Beatrix legte eine tolle Einlage hin: »Alle meine Entchen« in Rapp-Version. Dann dachte ich daran, etwas Ruhe zu haben, aber das ging nicht: Rachelle und Vincent kommen ins Zimmer gestürmt und schlagen sich gegenseitig die Nasen blutig.
Und jetzt, nach ewigem Warten, wollte ich an den Computer, was aber gar nicht geht, weil Lena und Petra eine Dauersitzung davor machen. »Wir haben erst gerade angefangen!« nörgelt Petra, als ich sie darauf aufmerksam mache.
Nachmittag: Endlich ist der Computer frei geworden, und man kann sich um andere Dinge kümmern. Wie z. B. Zukunft voraussagen. Als wir das ungefähr 1-2 Stunden gespielt haben, ist es uns zu blöd. Wir spielen Kuhhandel. Plötzlich kommt Petra ins Zimmer gestürzt: Sie ist von oben bis unten nass und dreckig. »Kommt auch, wir machen einen Regentanz!« sagt sie.
Ich gehe natürlich hinaus in den Regen und tanze mit. Danach kommen Rübe und Jannis auf die fabelhafte Idee, eine Schlammrutsche zu bauen, die wirklich gut war. Elisabeth und ich müssen diese Schlammbahn natürlich sofort ausprobieren und ich fange nachher mit ihr auch noch eine wilde Schlammschlacht an. So sind wir beiden die Schmutzigsten von allen und wollen uns sofort duschen.
Rachele, die Ordnung in Person, kann mich natürlich nicht ins Zimmer lassen. »Du machst ja alles schmutzig!« So muss ich in die »öffentliche Dusche« (bei unserem Zimmer ist auch eine Dusche dabei, in die mich Rachele, wie gesagt, nicht reinlässt).
Jetzt stehe ich unter der »öffentlichen Dusche«, wo alle rein können, und muss mir Elisabeths Gejammer anhören: »Irene, bist du bald fertig? Irene, beeil dich! Irene …« Deswegen dusche ich mich nur ganz schnell, damit das ärgste weg ist und ich mich, hoffentlich, in meinem Zimmer duschen kann.
Großer Fehler! In unserer Dusche steht Elisabeth, und muss sich mein Gejammer anhören: »Elisabeth, bist du bald fertig? Elisabeth, beeil dich! Elisabeth …« (In Elisabeths Zimmer gibt es leider, leider, leider kein Badezimmer.) Und dann kommt auch noch Vincent! »Ich bin zuerst, in unserem Zimmer ist die Dusche verstopft!« Und Dori und Rachele haben mich schon aus dem Zimmer geschoben, weil ich »alles schmutzig« mache.
Stinksauer auf Elisabeth, Vincent, Dori, Rachele und überhaupt alle stehe ich am Gang. Und sauer auf Lena, die schon wieder mit diesem blöden Grinsen herauf kommt. Sie hat schließlich beim Regentanz nicht mitgemacht und braucht sich nicht duschen!
17:15: Also, jetzt endlich geduscht und hergerichtet, stopfe ich ein paar Bissen von der kalten Platte in mich hinein. Das verfrühte Abendessen.
Ein paar Minuten später: Mit Regenschirm bewaffnet stehe ich mit ein paar anderen im Regen und warte auf das letzte Taxi. Schließlich ist heute Abschiedslesung! Wir streiten noch ein bisschen über Naturschutz und allerhand, und schon ist unser Taxi da. Die Hinfahrt ist ziemlich angenehm verlaufen, man möchte fast sagen: normal! (Habt ihr schon mal gehört, dass auf einer Schreibwoche etwas normal ist? Einfach nur normal? Na eben.)
Leicht nervös stehen wir jetzt im Vorraum der Landesbibliothek. Meine Eltern sind auch gekommen, mit meinem Bruder Paul (9), meiner Schwester Dotty (5) und meiner Tante. Endlich beginnt die Lesung, und wir nehmen auf den Tischen platz. Es ist wie immer: Martin sagt uns an, wir lesen, und egal, wie ernst der Text auch ist, das Publikum zerkekst sich (»zerkeksen« heißt bei uns soviel wie »vor Lachen Bauchweh kriegen« oder »laut losprusten«). Ich schau natürlich immer auf meine Familie und bin immer wieder gespannt, ob ihnen der nächste Text gefällt. Bei Lukas' Lesben-Geschichte zum Beispiel läuft mein Bruder erst mal rot an, vergräbt dann sein Gesicht in Papas Pullover und bekommt Sekunden später einen Lachanfall. Dotty hingegen langweilt sich nur die ganze Zeit, sie hat auf ein paar ordentliche Gruselgeschichten gehofft (sie will immer Gruselgeschichten hören und kann dann in der Nacht allein nicht aufs Klo gehen). Na, jedenfalls haben alle einen schönen Abend.
Die Rückfahrt ist nicht gar so schön: Vincent zieht mir ständig an den Haaren, »weil die Petra zu weit weg sitzt«. Alle wollen unbedingt Party machen, und ich eigentlich auch. Allerdings löst ein kleiner Ausrutscher von mir eine Kettenreaktion aus, die noch viel spannender ist als eine Party: Elisabeth gesteht uns Mädchen heimlich, dass sie sich in Vincent verliebt hat. Deswegen schlage ich ihr vor, an ihrer Stelle einen Brief an Vincent zu schreiben («Vincent, auf wen stehst du?«), damit er ja nicht ihre Handschrift erkennt. Kaum fange ich an zu schreiben, platzt dieser ins Zimmer.
Und jetzt: mein riesiger Fehler: »Soll ich' s ihm gleich geben?« Darauf dieser Dialog:
Vincent: »Was?«
Ich: »Äh … nix!«
Vincent nimmt mir das Papier weg.
Vincent (kann es nur schwer entziffern): Auf wen st … Was heißt das?
Elisabeth: Nichts, gar nichts!
Darauf entfernt sich Vincent, ich entschuldige mich hundert mal bei Elisabeth. Jetzt hat Elisabeth die neue Schnapsidee: »Wir müssen uns mit den Großen gegen diese unverschämten Buben verbünden!« Die Großen sind Franziska, Silja, Caroline und Annick.
Jetzt sitzen wir oben, im Zimmer der Großen. Aber kaum haben Petra und Elisabeth das Problem vorgetragen, fängt Franziska schon an: »Jetzt, am letzten Tag, sagt ihr uns das? Nächstes Jahr ist Silja bei den 14-18 Jährigen … jammer, jammer, ach wie schade!« Und Annick, die uns mit genauer Erklärung ihres Lieblings T-Shirts aufheitern will, wird prompt aus dem Zimmer geschmissen. Es hat sowieso keinen Sinn mehr, ich komme mir vor wie in einer dieser Soaps. Deswegen verlasse ich unsere Versammlung und will in mein Zimmer. Am Gang werde ich noch schnell von Vincent aufgehalten.
»Was soll da auf dem Zettel stehen?« fragt er und nimmt mich in den Würgegriff. Was soll ich da tun, außer zu sagen: »Da soll oben stehen: Auf wen stehst du, Vincent. Den hab ich übrigens für die Furie (das ist Elisabeth, benannt von Vincent) geschrieben, die liebt dich!« Endlich lasst er mich los. »Aber ich habe doch eine feste Freundin!« Aber da bin ich schon ins Zimmer hinein.
Rachele und ich (Dori ist schon heute abgefahren) sind gleich eingeschlafen. Allerdings ist es außerhalb unseres Zimmers noch ziemlich viel passiert: Elisabeth und Vincent haben noch einen ziemlichen Krach gehabt («In unsere Klasse geht einer, der ist viel süßer als du, dich mag ich eh nimmer!« »He, hör mal, ich bin schon seit dem Kindergarten vergeben!«) Und Franziska hat noch einen Heulkrampf bekommen, angeblich, weil Lukas in sie verliebt ist (die spinnen, die Mädchen. Mich einbezogen). Na, Rachele und ich haben jedenfalls geschlafen, und nichts mehr mitbekommen.
Gott sei Dank!

Irene

Wie jeden Tag torkelte ich um 8.00 Uhr aus dem Bett und begab mich eine halbe Stunde später zum Frühstück. Zur Überraschung war heute der Tisch mit Müsli gedeckt. Nach dem Frühstück hatten wir bis 9.30 Uhr Freizeit. Es folgte die Leseprobe, denn heute Abend war die öffentliche Lesung in Graz. Schon beim Üben war ich etwas aufgeregt, doch das Lesen verlief relativ gut. Zu Mittag verspeiste ich ein Schnitzel mit Kartoffeln und Gemüse. Das hat mir sehr gut geschmeckt, aber den Salat fand ich eklig. Der Nachtisch war Apfelstrudel. Leider war ich schon so voll, dass ich kaum etwas hinunter bekam.
Am Nachmittag stieg die Spannung schon in mir, wegen der Lesung. Ich las mir noch mal gründlich meinen Text durch. Auf einmal fing es an zu regnen, und dann schüttete es wie aus Eimern. Viele Kinder der Gruppe rannten hinaus und tanzten im Kreis im Regen. War das ein tolles Gefühl! Der krönende Abschluss war, als wir auf dem Bauch den Berg hinunter rutschten. Wir sahen aus wie Sau: Körper und Kleidung waren voller Matsch.
Nachdem wir uns geduscht hatten, machten wir uns so langsam auf den Weg zum Abendessen, diesmal schon um halb fünf. Direkt danach wurden wir von Taxis abgeholt, in denen wir uns langweilige DVDs über Kultur und Leute angucken konnten.
In der Landesbibliothek war es dann so weit: die Lesung. Es waren zum Glück nicht so viele Leute da, wie ich erwartet (befürchtet) hatte. Ich musste als Dreizehnter lesen. Ich war sehr aufgeregt, aber ich habe gut gelesen. Es gab viel Applaus (für jeden von uns)! Nach der Lesung konnte man sich noch Getränke und Knabberzeug nehmen.
Gutgelaunt kamen wir wieder in unserem Waldhaus im Kinderdorf an. Leider gab es dann noch Zoff zwischen den Kindern, der sich aber bald wieder legte. Unser Jungenzimmer besuchte am späteren Abend das Zimmer der größeren Mädchen, und wäre Vincent nicht aus seinem Versteck gekommen, hätten die Betreuer uns nicht gefunden.

Jannis Kaiser

Donnerstag, 24. Juli 2003

»Biip, biip, biiip!« macht die Uhr von Silja. »Na, gut, dann stehe ich eben auf », denke ich. Nun heisst es sich aufrappeln, sich anziehen und die Haare kämmen. Eigentlich habe ich ja noch Zeit, denn Frühstück gibt es um halb neun, und jetzt ist erst halb acht. Silja muss nämlich schon um acht beim Frühstück sein, denn sie sollte pünktlich am Bahnhof und schliesslich am Flughafen sein. So verabschieden wir uns von ihr. Wir (das heisst Franziska, Caroline, Lukas und ich) setzen uns auf die Treppe und wir stellen fest, dass schon ein paar Kinder frühzeitig aus der Schreibzeit gegangen sind. Teilnahmslos warten wir auf den erlösenden Satz von einer der Leitpersonen: »Frühstück ist fertig, alle kommen!«. Als er erklingt, rennen wir die Treppe runter.
Ich komme mir munter und kräftig vor, obwohl wir gestern länger als erlaubt wach waren, und die Jungs von nebenan zu uns ins Zimmer gekommen sind, um noch ein wenig zu plaudern. Vielleicht ist der Anlass für meine Wachheit nur die Aufregung, da das Lager ja heute zu Ende ist. Gewöhnlich benötige ich viel Schlaf und ich glaube nicht, dass es nur jetzt gerade anders ist.
Auf jeden Fall spurten wir zum Haus, in dem wir immer unsere Mahlzeiten einnehmen. Aber bald schon geht mir und den anderen die Puste aus. Grund dafür sind die Steigungen und die vielen Stufen, die den Weg säumen. Als wir ankommen, setzen wir uns an den üblichen Tisch, an dem wir in dieser Woche fast immer gegessen haben. Uns unterhaltend verspeisen wir hungrig unser Morgenessen.
Als wir aufgegessen haben, schlendern wir zurück zum Haus. Übereifrig putze ich meine Zähne, und kaum habe ich diese Angelegenheit erledigt, stehen auch schon meine Eltern vor mir. Ich umarme sie herzlich und dann helfen sie mir, noch meine übrigen Dinge einzupacken. Nachdem ich mich von allen verabschiedet habe, schleppen wir meine Sachen zum Auto.
Diese Schreibwerkstatt war für mich interessant und informativ. Ich freue mich auf meine künftigen Geschichten und Gedichte. Ich würde gerne wiederkommen und weitere Schreiblager besuchen. Ich knalle mit voller Kraft die Autotüre zu, und das Auto fährt an. »Hoffentlich bis zur nächsten Schreibzeit«, denke ich glücklich und sehe am Ende noch einmal zurück. Als ich mich wieder umdrehe, liegt ein Lächeln auf meinem Gesicht …

Annick Geissbühler

 

 



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