»Anfangen«
Europäischer Literaturwettbewerb in deutscher Sprache
8-13 Jahre

Jurybegründungung

In diesem Jahr erreichten uns 102 Einsendungen aus neun Ländern. Auch fanden sich diesmal wieder erfreulich viele neue Namen unter den EinsenderInnen, was das Lesen für die Jury wiederum sehr spannend machte. Wir freuen uns schon darauf, viele neue Teilnehmende bei unseren Werkstätten begrüßen zu können!

Erstaunlich hoch war das durchschnittliche Niveau der Texte, sodass es nur wenige gab, die bereits in der ersten Runde ausschieden. Umso schwieriger gestalteten sich die beiden folgenden Runden, und umso intensiver wurde schließlich auch während der Jurysitzung Anfang Jänner 2020 in Graz über mögliche PreisträgerInnen diskutiert.

Erfreulicherweise waren unter den guten Einsendungen etliche Texte dabei, die für einen Preis infrage kamen. So wurde nach eingehender Beratung beschlossen, fünf Hauptpreise, eine besondere Erwähnung und vier Anerkennungspreise zu vergeben.

1. Preis: Emma Becker, 13 Jahre aus Brilon (D)

In ihrer Geschichte erzählt Emma vom Alltag eines Kindes mit einer drogenabhängigen Mutter, dem Ausbruch aus dieser besonderen „Normalität“ und der Suche nach einem besseren Leben. In einer bildhaften Sprache, die geschickt Realität und Vorstellungswelt verknüpft, beschreibt sie die Beziehung zur Mutter, die reich an Emotionen ist.

Besonders beeindruckt hat die Jury die einfühlsame Beschreibung dieser komplexen Mutter-Tochter-Beziehung und der Mut zur ungewöhnlichen experimentellen Sprache.

2. Preis: Irma Johanna Szolvai, 12 Jahre aus Brüssel (B)

In ihrem kurzen, lyrisch anmutenden Text fängt Irma das Schweigen zwischen zwei Menschen ein. Atmosphärisch dicht beschreibt sie das Ungesagte und die Stimmung im spätherbstlichen Schlosspark.

Der Autorin gelingt es mit wenigen Worten, ästhetische Bilder zu erzeugen und das Fragile einer zwischenmenschlichen Beziehung, die vor einer Entscheidung steht, einzufangen.

3. Preis: Joel Meyer, 8 Jahre aus Breitenfurt (A)

Fantasiereich und humorvoll erzählt Joel von der Suche zweier Freunde nach verschwundenen Hühnern. Die Reise führt die beiden vom Hühnerstall durch eine Wüste und eine Pyramide bis in die Troposphäre und zurück. Dabei begegnen sie schillernden Figuren, die der Geschichte besondere Farbe verleihen.

Joels Text überzeugte die Jury durch sein Ideenreichtum, den klug durchdachten Aufbau und die wortgewandte Sprache, die die Geschichte lebendig und unterhaltsam macht.

4. Preis: Emily Dicone, 9 Jahre aus Arco (I)

In der Geschichte „Das magische Zepter“ erzählt Emily von Marinette, die in einer schlaflosen Nacht vom Wind zu einem Abenteuer im alten Ägypten geschickt wird. Dabei freundet sie sich mit einem Tukan an, muss einen bösen Tiger überlisten und Wasser in das verdurstende Dorf zurückbringen.

Besonders gefallen hat uns an der Geschichte der Einfallsreichtum, der Spannungsbogen mit überraschenden Wendungen und die klare Sprache.

5. Preis: Jana Geisler, 13 Jahre aus Graz (A)

In ihrem Text zeichnet Jana das Bild einer bedrohlichen, alptraumhaften Welt, das sich zu einem apokalyptischen Szenario verdichtet.

Die Jury war beeindruckt von der eindringlichen Beschreibung, die beim Lesen eine sich steigernde, dystopische Stimmung erzeugt.

Besondere Erwähnung: Rita Jöbstl, 11 Jahre aus Graz (A)

Rita beschreibt in ihrer Geschichte das Ankommen eines syrischen Mädchens in Österreich und einer beginnenden Freundschaft aus zwei unterschiedlichen Perspektiven.

Besonders gefiel der Jury das gelungene Hineinversetzen in die besonderen Situationen der Hauptfiguren, ohne in übliche Rollenbilder oder Klischees zu verfallen. Glaubhaft zeigt die Autorin das vorsichtige Zueinanderfinden der beiden Mädchen.